Nachlass (1909–1914)
Drei Träume
I
Mich däucht, ich träumte von Blätterfall,
Von weiten Wäldern und dunklen Seen,
Von trauriger Worte Widerhall —
Doch könnt’ ich ihren Sinn nicht verstehn.
Mich däucht, ich träumte von Sternenfall,
Von blasser Augen weinendem Flehn,
Von eines Lächelns Widerhall —
Doch könnt’ ich seinen Sinn nicht verstehn.
Wie Blätterfall, wie Sternenfall,
So sah ich mich ewig kommen und gehn,
Eines Traumes unsterblicher Widerhall —
Doch könnt’ ich seinen Sinn nicht verstehn.
II
In meiner Seele dunklem Spiegel
Sind Bilder niegeseh’ner Meere,
Verlass’ner, tragisch phantastischer Länder,
Zerfließend ins Blaue, Ungefähre.
Meine Seele gebar blut-purpurne Himmel
Durchglüht von gigantischen, prasselnden Sonnen,
Und seltsam belebte, schimmernde Gärten,
Die dampften von schwülen, tödlichen Wonnen.
Und meiner Seele dunkler Bronnen
Schuf Bilder ungeheurer Nächte,
Bewegt von namenlosen Gesängen
Und Atemwehen ewiger Mächte.
Meine Seele schauert erinnerungsdunkel,
Als ob sie in allem sich wiederfände —
In unergründlichen Meeren und Nächten,
Und tiefen Gesängen, ohn’ Anfang und Ende.
III
Ich sah viel Städte als Flammenraub
Und Greuel auf Greuel häufen die Zeiten,
Und sah viel Völker verwesen zu Staub,
Und alles in Vergessenheit gleiten.
Ich sah die Götter stürzen zur Nacht,
Die heiligsten Harfen ohnmächtig zerschellen,
Und aus Verwesung neu entfacht,
Ein neues Leben zum Tage schwellen.
Zum Tage schwellen und wieder vergehn,
Die ewig gleiche Tragödia,
Die also wir spielen sonder Verstehn,
Und deren wahnsinnsnächtige Qual
Der Schönheit sanfte Gloria
Umkränzt als lächelndes Dornenall.
Von den stillen Tagen
So geisterhaft sind diese späten Tage
Gleichwie der Blick von Kranken, hergesendet
Ins Licht. Doch ihrer Augen stumme Klage
Beschattet Nacht, der sie schon zugewendet.
Sie lächeln wohl und denken ihrer Feste,
Wie man nach Liedern bebt, die halb vergessen,
Und Worte sucht für eine traurige Geste,
Die schon verblaßt in Schweigen ungemessen.
So spielt um kranke Blumen noch die Sonne
Und läßt von einer todeskühlen Wonne
Sie schauern in den dünnen, klaren Lüften.
Die roten Wälder flüstern und verdämmern,
Und todesnächtiger hallt der Spechte Hämmern
Gleichwie ein Widerhall aus dumpfen Grüften.
Dämmerung
Zerwühlt, verzerrt bist du von jedem Schmerz
Und bebst vom Mißton aller Melodien,
Zersprungne Harfe du — ein armes Herz,
Aus dem der Schwermut kranke Blumen blühn.
Wer hat den Feind, den Mörder dir bestellt,
Der deiner Seele letzten Funken stahl,
Wie er entgöttert diese karge Welt
Zur Hure, häßlich, krank, verwesungsfahl!
Von Schatten schwingt sich noch ein wilder Tanz,
Zu kraus zerrißnem, seelenlosem Klang,
Ein Reigen um der Schönheit Dornenkranz,
Der welk den Sieger, den verlornen, krönt
— Ein schlechter Preis, um den Verzweiflung rang,
Und der die lichte Gottheit nicht versöhnt.
Herbst (Verfall)
VERFALL
Sammlung 1909
Am Abend, wenn die Glocken Frieden läuten,
Folg’ ich der Vögel wundervollen Flügen,
Die lang geschart, gleich frommen Pilgerzügen
Entschwinden in den herbstlich klaren Weiten.
Hinwandelnd durch den nachtverschloßnen Garten,
Träum’ ich nach ihren helleren Geschicken,
Und fühl’ der Stunden Weiser kaum mehr rücken —
So folg’ ich über Wolken ihren Fahrten.
Da macht ein Hauch mich von Verfall erzittern.
Ein Vogel klagt in den entlaubten Zweigen
Es schwankt der rote Wein an rostigen Gittern,
Indess’ wie blasser Kinder Todesreigen,
Um dunkle Brunnenränder, die verwittern
Im Wind sich fröstelnd fahle Astern neigen.
Das Grauen
Ich sah mich durch verlass’ne Zimmer gehn.
— Die Sterne tanzten irr auf blauem Grunde,
Und auf den Feldern heulten laut die Hunde,
Und in den Wipfeln wühlte wild der Föhn.
Doch plötzlich: Stille! Dumpfe Fieberglut
Läßt giftige Blumen blühn aus meinem Munde,
Aus dem Geäst fällt wie aus einer Wunde
Blaß schimmernd Tau, und fällt, und fällt wie Blut.
Aus eines Spiegels trügerischer Leere
Hebt langsam sich, und wie ins Ungefähre
Aus Graun und Finsternis ein Antlitz: Kain!
Sehr leise rauscht die samtene Portiere,
Durchs Fenster schaut der Mond gleichwie ins Leere,
Da bin mit meinem Mörder ich allein.
Andacht
Das Unverlorne meiner jungen Jahre
Ist stille Andacht an ein Glockenläuten,
An aller Kirchen dämmernde Altare
Und ihrer blauen Kuppeln Himmelweiten.
An einer Orgel abendliche Weise,
An weiter Plätze dunkelndes Verhallen,
Und an ein Brunnenplätschern, sanft und leise
Und süß, wie unverstandnes Kinderlallen.
Ich seh’ mich träumend still die Hände falten
Und längst vergessene Gebete flüstern,
Und frühe Schwermut meinen Blick umdüstern.
Da schimmert aus verworrenen Gestalten
Ein Frauenbild, umflort von finstrer Trauer,
Und gießt in mich den Kelch verruchter Schauer.
Sabbath
Ein Hauch von fiebernd giftigen Gewächsen
Macht träumen mich in mondnen Dämmerungen,
Und leise fühl’ ich mich umrankt, umschlungen,
Und seh’ gleich einem Sabbath toller Hexen
Blutfarbne Blüten in der Spiegel Hellen
Aus meinem Herzen keltern Flammenbrünste,
Und ihre Lippen kundig aller Künste
An meiner trunknen Kehle wütend schwellen.
Pestfarbne Blumen tropischer Gestade,
Die reichen meinen Lippen ihre Schalen,
Die trüben Geiferbronnen ekler Qualen.
Und eine schlingt — o rasende Mänade —
Mein Fleisch, ermattet von den schwülen Dünsten,
Und schmerzverzückt von fürchterlichen Brünsten.
Gesang zur Nacht
I
Vom Schatten eines Hauchs geboren
Wir wandeln in Verlassenheit
Und sind im Ewigen verloren,
Gleich Opfern unwissend, wozu sie geweiht.
Gleich Bettlern ist uns nichts zu eigen,
Uns Toren am verschloßnen Tor.
Wie Blinde lauschen wir ins Schweigen,
In dem sich unser Flüstern verlor.
Wir sind die Wandrer ohne Ziele,
Die Wolken, die der Wind verweht,
Die Blumen, zitternd in Todeskühle,
Die warten, bis man sie niedermäht.
II
Daß sich die letzte Qual an mir erfülle,
Ich wehr’ euch nicht, ihr feindlich dunklen Mächte.
Ihr seid die Straße hin zur großen Stille,
Darauf wir schreiten in die kühlsten Nächte.
Es macht mich euer Atem lauter brennen,
Geduld! Der Stern verglüht, die Träume gleiten
In jene Reiche, die sich uns nicht nennen,
Und die wir traumlos dürfen nur beschreiten.
III
Du dunkle Nacht, du dunkles Herz,
Wer spiegelt eure heiligsten Gründe,
Und eurer Bosheit letzte Schlünde?
Die Maske starrt vor unserm Schmerz —
Vor unserm Schmerz, vor unsrer Lust
Der leeren Maske steinern Lachen,
Daran die irdnen Dinge brachen,
Und das uns selber nicht bewußt.
Und steht vor uns ein fremder Feind,
Der höhnt, worum wir sterbend ringen,
Daß trüber unsre Lieder klingen
Und dunkel bleibt, was in uns weint.
IV
Du bist der Wein, der trunken macht,
Nun blut ich hin in süßen Tänzen
Und muß mein Leid mit Blumen kränzen!
So will’s dein tiefster Sinn, o Nacht!
Ich bin die Harfe in deinem Schoß,
Nun ringt um meine letzten Schmerzen
Dein dunkles Lied in meinem Herzen
Und macht mich ewig, wesenlos.
V
Tiefe Ruh — o tiefe Ruh!
Keine fromme Glocke läutet,
Süße Schmerzensmutter du —
Deinen Frieden todgeweitet.
Schließ mit deinen kühlen, guten
Händen alle Wunden zu —
Daß nach innen sie verbluten —
Süße Schmerzensmutter — du!
VI
O laß mein Schweigen sein dein Lied!
Was soll des Armen Flüstern dir,
Der aus des Lebens Gärten schied?
Laß namenlos dich sein in mir —
Die traumlos in mir aufgebaut,
Wie eine Glocke ohne Ton,
Wie meiner Schmerzen süße Braut
Und meiner Schlafe trunkner Mohn.
VII
Blumen hörte ich sterben im Grund
Und der Bronnen trunkne Klage
Und ein Lied aus Glockenmund,
Nacht, und eine geflüsterte Frage;
Und ein Herz — o todeswund,
Jenseits seiner armen Tage.
VIII
Das Dunkel löschte mich schweigend aus,
Ich ward ein toter Schatten im Tag —
Da trat ich aus der Freude Haus
In die Nacht hinaus.
Nun wohnt ein Schweigen im Herzen mir,
Das fühlt nicht nach den öden Tag —
Und lächelt wie Dornen auf zu dir,
Nacht — für und für!
IX
O Nacht, du stummes Tor vor meinem Leid,
Verbluten sieh dies dunkle Wundenrnal
Und ganz geneigt den Taumelkelch der Qual!
O Nacht, ich bin bereit!
O Nacht, du Garten der Vergessenheit
Um meiner Armut weltverschloss’nen Glanz,
Das Weinlaub welkt, es welkt der Dornenkranz.
O komm, du hohe Zeit!
X
Es hat mein Dämon einst gelacht,
Da war ich ein Licht in schimmernden Gärten,
Und hatte Spiel und Tanz zu Gefährten
Und der Liebe Wein, der trunken macht.
Es hat mein Dämon einst geweint.
Da war ich ein Licht in schmerzlichen Gärten
Und hatte die Demut zum Gefährten,
Deren Glanz der Armut Haus bescheint.
Doch nun mein Dämon nicht weint noch lacht,
Bin ich ein Schatten verlorener Gärten
Und habe zum todesdunklen Gefährten
Das Schweigen der leeren Mitternacht.
XI
Mein armes Lächeln, das um dich rang,
Mein schluchzendes Lied im Dunkel verklang.
Nun will mein Weg zu Ende gehn.
Laß treten mich in deinen Dom
Wie einst, ein Tor, einfältig, fromm,
Und stumm anbetend vor dir stehn.
XII
Du bist in tiefer Mitternacht
Ein totes Gestade an schweigendem Meer,
Ein totes Gestade: Nimmermehr!
Du bist in tiefer Mitternacht.
Du bist in tiefer Mitternacht
Der Himmel, in dem du als Stern geglüht,
Ein Himmel, aus dem kein Gott mehr blüht.
Du bist in tiefer Mitternacht.
Du bist in tiefer Mitternacht
Ein Unempfangner in süßem Schoß,
Und nie gewesen, wesenlos!
Du bist in tiefer Mitternacht.
Das tiefe Lied
Aus tiefer Nacht ward ich befreit.
Meine Seele staunt in Unsterblichkeit,
Meine Seele lauscht über Raum und Zeit
Der Melodie der Ewigkeit!
Nicht Tag und Lust, nicht Nacht und Leid
Ist Melodie der Ewigkeit,
Und seit ich erlauscht die Ewigkeit,
Fühl nimmermehr ich Lust und Leid!
Ballade
Ein Narre schrieb drei Zeichen in Sand,
Eine bleiche Magd da vor ihm stand.
Laut sang, o sang das Meer.
Sie hielt einen Becher in der Hand,
Der schimmerte bis auf zum Rand,
Wie Blut so rot und schwer.
Kein Wort ward gesprochen — die Sonne schwand,
Da nahm der Narre aus ihrer Hand
Den Becher und trank ihn leer.
Da löschte sein Licht in ihrer Hand,
Der Wind verwehte drei Zeichen im Sand —
Laut sang, o sang das Meer.
Ballade
Es klagt ein Herz: Du findest sie nicht,
Ihre Heimat ist wohl weit von hier,
Und seltsam ist ihr Angesicht!
Es weint die Nacht an einer Tür!
Im Marmorsaal brennt Licht an Licht,
O dumpf, o dumpf! Es stirbt wer hier!
Es flüstert wo: O kommst du nicht ?
Es weint die Nacht an einer Tür!
Ein Schluchzen noch: O sah’ er das Licht!
Da ward es dunkel dort und hier —
Ein Schluchzen: Bruder, o betest du nicht?
Es weint die Nacht an einer Tür.
Ballade
Ein schwüler Garten stand die Nacht.
Wir verschwiegen uns, was uns grauend erfaßt.
Davon sind unsre Herzen erwacht
Und erlagen unter des Schweigens Last.
Es blühte kein Stern in jener Nacht
Und niemand war, der für uns bat.
Ein Dämon nur hat im Dunkel gelacht.
Seid alle verflucht! Da ward die Tat.
Melusine
An meinen Fenstern weint die Nacht —
Die Nacht ist stumm, es weint wohl der Wind,
Der Wind, wie ein verlornes Kind —
Was ist’s, das ihn so weinen macht?
O arme Melusine!
Wie Feuer ihr Haar im Sturme weht,
Wie Feuer an Wolken vorüber und klagt —
Da spricht für dich, du arme Magd,
Mein Herz ein stilles Nachtgebet!
O arme Melusine!
Verfall
Es weht ein Wind! Hinlöschend singen
Die grünen Lichter — groß und satt
Erfüllt der Mond den hohen Saal,
Den keine Feste mehr durchklingen.
Die Ahnenbilder lächeln leise
Und fern — ihr letzter Schatten fiel,
Der Raum ist von Verwesung schwül,
Den Raben stumm umziehn im Kreise.
Verlorner Sinn vergangner Zeiten
Blickt aus den steinernen Masken her,
Die schmerzverzerrt und daseinsleer
Hintrauern in Verlassenheiten.
Versunkner Gärten kranke Düfte
Umkosen leise den Verfall —
Wie schluchzender Worte Widerhall
Hinzitternd über off’ne Grüfte.
Gedicht
Ein frommes Lied kam zu mir her:
Du einfach Herz, du heilig Blut,
O nimm von mir so böse Glut!
Da ward’s erhört und klagt nicht mehr!
Mein Herz ist jeder Sünde schwer
Und zehrt sich auf in böser Glut,
Und ruft nicht an das heilige Blut,
Und ist so stumm und tränenleer.
Nachtlied
Über nächtlich dunkle Fluten
Sing’ ich meine traurigen Lieder,
Lieder, die wie Wunden bluten.
Doch kein Herz trägt sie mir wieder
Durch das Dunkel her.
Nur die nächtlich dunklen Fluten
Rauschen, schluchzen meine Lieder,
Lieder, die von Wunden bluten,
Tragen an mein Herz sie wieder
Durch das Dunkel her.
An einem Fenster
Über den Dächern das Himmelsblau,
Und Wolken, die vorüberziehn,
Vorm Fenster ein Baum im Frühlingstau,
Und ein Vogel, der trunken himmelan schnellt,
Von Blüten ein verlorener Duft —
Es fühlt ein Herz: Das ist die Welt!
Die Stille wächst und der Mittag glüht!
Mein Gott, wie ist die Welt so reich!
Ich träume und träum’ und das Leben flieht,
Das Leben da draußen — irgendwo
Mir fern durch ein Meer von Einsamkeit!
Es fühlt’s ein Herz und wird nicht froh!
Farbiger Herbst
MUSIK IM MIRABELL
1. Fassung, Sammlung 1909
Der Brunnen singt, die Wolken stehn
Im klaren Blau, die weißen, zarten;
Bedächtig, stille Menschen gehn
Da drunten im abendblauen Garten.
Der Ahnen Marmor ist ergraut
Ein Vogelflug streift in die Weiten
Ein Faun mit toten Augen schaut
Nach Schatten, die ins Dunkel gleiten.
Das Laub fällt rot vom alten Baum
Und kreist herein durchs offne Fenster,
In dunklen Feuern glüht der Raum,
Darin die Schatten, wie Gespenster.
Opaliger Dunst webt über das Gras,
Eine Wolke von welken, gebleichten Düften,
Im Brunnen leuchtet wie grünes Glas
Die Mondessichel in frierenden Lüften.
Die drei Teiche in Hellbrunn
1. Fassung, Sammlung 1909
DER ERSTE
Um die Blumen taumelt das Fliegengeschmeiß,
Um die bleichen Blumen auf dumpfer Flut,
Geh fort! Geh fort! Es brennt die Luft!
In der Tiefe glüht der Verwesung Glut!
Die Weide weint, das Schweigen starrt,
Auf den Wassern braut ein schwüler Dunst.
Geh fort! Geh fort! Es ist der Ort
Für schwarzer Kröten ekle Brunst.
DER ZWEITE
Bilder von Wolken, Blumen und Menschen —
Singe, singe, freudige Welt!
Lächelnde Unschuld spiegelt dich wider —
Himmlisch wird alles, was ihr gefällt!
Dunkles wandelt sie freundlich in Helle,
Fernes wird nah! O Freudiger du!
Sonne, Wolken, Blumen und Menschen
Atmen in dir Gottesruh.
DER DRITTE
Die Wasser schimmern grünlich-blau
Und ruhig atmen die Zypressen,
Es tönt der Abend glockentief —
Da wächst die Tiefe unermessen.
Der Mond steigt auf, es blaut die Nacht,
Erblüht im Widerschein der Fluten —
Ein rätselvolles Sphinxgesicht,
Daran mein Herz sich will verbluten.
Auf den Tod einer alten Frau
Oft lausche ich voll Grauen an der Tür
Und tret’ ich ein, deucht mich, daß jemand floh,
Und ihre Augen sehn vorbei an mir
Verträumt, als sähen sie mich anderswo.
So sitzt sie ganz in sich gebeugt und lauscht
Und scheint den Dingen fern, die um sie sind,
Doch bebt sie, wenn Geräusch ans Fenster rauscht,
Und weint dann still, gleichwie ein banges Kind.
Und kost mit müder Hand ihr weißes Haar
Und fragt mit fahlem Blick: Muß ich schon gehn?
Und fiebert irr: Das Lichtlein am Altar
Erlosch! Wo gehst du hin? Was ist geschehn?
Zigeuner
Die Sehnsucht glüht in ihrem nächtigen Blick
Nach jener Heimat, die sie niemals finden.
So treibt sie ein unseliges Geschick,
Das nur Melancholie mag ganz ergründen.
Die Wolken wandeln ihren Wegen vor,
Ein Vogelzug mag manchmal sie geleiten,
Bis er am Abend ihre Spur verlor,
Und manchmal trägt der Wind ein Aveläuten
In ihres Lagers Sterneneinsamkeit,
Daß sehnsuchtsvoller ihre Lieder schwellen
Und schluchzen von ererbtem Fluch und Leid,
Das keiner Hoffnung Sterne sanft erhellen.
Naturtheater
Nun tret’ ich durch die schlanke Pforte!
Verworrner Schritt in den Alleen
Verweht und leiser Hauch der Worte
Von Menschen, die vorübergehn.
Ich steh’ vor einer grünen Bühne!
Fang an, fang wieder an, du Spiel
Verlorner Tage, ohn’ Schuld und Sühne,
Gespensterhaft nur, fremd und kühl!
Zur Melodie der frühen Tage
Seh’ ich da oben mich wiedergehn,
Ein Kind, des leise, vergessene Klage
Ich weinen seh’, fremd meinem Verstehn.
Du staunend Antlitz zum Abend gewendet,
War ich dies einst, das nun weinen mich macht,
Wie deine Gebärden noch ungeendet,
Die stumm und schaudernd deuten zur Nacht.
Ermatten
Verwesung traumgeschaffner Paradiese
Umweht dies trauervolle, müde Herz,
Das Ekel nur sich trank aus aller Süße,
Und das verblutet in gemeinem Schmerz.
Nun schlägt es nach dem Takt verklungner Tänze
Zu der Verzweiflung trüben Melodien,
Indes der alten Hoffnung Sternenkränze
An längst entgöttertem Altar verblühn.
Vom Rausch der Wohlgerüche und der Weine
Blieb dir ein überwach Gefühl der Scham —
Das Gestern in verzerrtem Widerscheine —
Und dich zermalmt des Alltags grauer Gram.
Ausklang
Vom Tage ging der letzte, blasse Schein,
Die frühen Leidenschaften sind verrauscht,
Verschüttet meiner Freuden heiliger Wein,
Nun weint mein Herz zur Nacht und lauscht
Nach seiner jungen Feste Widerhall,
Der in dem Dunkel sich verliert so sacht,
So schattengleich, wie welker Blätter Fall
Auf ein verlaßnes Grab in Herbstesnacht.
Einklang
Sehr helle Töne in den dünnen Lüften,
Sie singen dieses Tages fernes Trauern,
Der ganz erfüllt von ungeahnten Düften
Uns träumen macht nach niegefühlten Schauern.
Wie Andacht nach verlorenen Gefährten
Und leiser Nachhall nachtversunkner Wonnen,
Das Laub fällt in den längst verlaßnen Gärten,
Die sich in Paradiesesschweigen sonnen.
Im hellen Spiegel der geklärten Fluten
Sehn wir die tote Zeit sich fremd beleben
Und unsre Leidenschaften im Verbluten,
Zu ferner’n Himmeln unsre Seelen heben.
Wir gehen durch die Tode neugestaltet
Zu tiefern Foltern ein und tiefern Wonnen,
Darin die unbekannte Gottheit waltet —
Und uns vollenden ewig neue Sonnen.
Crucifixus
Er ist der Gott, vor dem die Armen knien,
Er ihrer Erdenqualen Schicksalsspiegel,
Ein bleicher Gott, geschändet, angespien,
Verendet auf der Mörderschande Hügel.
Sie knien vor seines Fleisches Folternot,
Daß ihre Demut sich mit ihm vermähle,
Und seines letzten Blickes Nacht und Tod
Ihr Herz im Eis der Todessehnsucht stähle —
Daß öffne — irdenen Gebrests Symbol —
Die Pforte zu der Armut Paradiesen
Sein todesnächtiges Dornenkapitol,
Das bleiche Engel und Verlorene grüßen.
Confiteor
Die bunten Bilder, die das Leben malt
Seh’ ich umdüstert nur von Dämmerungen,
Wie kraus verzerrte Schatten, trüb und kalt,
Die kaum geboren schon der Tod bezwungen.
Und da von jedem Ding die Maske fiel,
Seh’ ich nur Angst, Verzweiflung, Schmach und Seuchen,
Der Menschheit heldenloses Trauerspiel,
Ein schlechtes Stück, gespielt auf Gräbern, Leichen.
Mich ekelt dieses wüste Traumgesicht.
Doch will ein Machtgebot, daß ich verweile,
Ein Komödiant, der seine Rolle spricht,
Gezwungen, voll Verzweiflung — Langeweile!
Schweigen
Über den Wäldern schimmert bleich
Der Mond, der uns träumen macht,
Die Weide am dunklen Teich
Weint lautlos in die Nacht.
Ein Herz erlischt — und sacht
Die Nebel fluten und steigen —
Schweigen, Schweigen!
Vor Sonnenaufgang
Im Dunkel rufen viele Vogelstimmen,
Die Bäume rauschen und die Quellen laut,
In Wolken tönt ein rosenfarbnes Glimmen
Wie frühe Liebesnot. Die Nacht verblaut —
Die Dämmrung glättet sanft, mit scheuen Händen
Der Liebe Lager, fiebernd aufgewühlt,
Und läßt den Rausch erschlaffter Küsse enden
In Träumen, lächelnd und halb wach gefühlt.
Blutschuld
Es dräut die Nacht am Lager unsrer Küsse.
Es flüstert wo: Wer nimmt von euch die Schuld?
Noch bebend von verruchter Wollust Süße
Wir beten: Verzeih uns, Maria, in deiner Huld!
Aus Blumenschalen steigen gierige Düfte,
Umschmeicheln unsere Stirnen bleich von Schuld.
Ermattend unterm Hauch der schwülen Lüfte
Wir träumen: Verzeih uns, Maria, in deiner Huld!
Doch lauter rauscht der Brunnen der Sirenen
Und dunkler ragt die Sphinx vor unsrer Schuld,
Daß unsre Herzen sündiger wieder tönen,
Wir schluchzen: Verzeih uns, Maria, in deiner Huld!
Begegnung
Am Weg der Fremde — wir sehn uns an
Und unsre müden Augen fragen:
Was hast du mit deinem Leben getan?
Sei still! sei still! Laß alle Klagen!
Es wird schon kühler um uns her,
Die Wolken zerfließen in den Weiten.
Mich deucht, wir fragen nicht lange mehr,
Und niemand wird uns zur Nacht geleiten.
Vollendung
Mein Bruder, laß uns stiller gehn!
Die Straßen dunkeln sachte ein.
Von ferne schimmern wohl Fahnen und wenn,
Doch Bruder, laß uns einsam sein —
Und uns zum Himmel schauend ruhn,
Im Herzen sanft und ganz bereit,
Und selbstvergessen einstigem Tun.
Mein Bruder, sieh, die Welt ist weit!
Da draußen spielt mit Wolken der Wind,
Die kommen wie wir, von. irgendwo.
Laß sein uns, wie die Blumen sind,
So arm, mein Bruder, so schön und froh!
Metamorphose
Ein ewiges Licht glüht düsterrot,
Ein Herz so rot, in Sündennot!
Gegrüßt seist du, o Maria!
Dein bleiches Bildnis ist erblüht
Und dein verhüllter Leib erglüht,
O Fraue du, Maria!
In süßen Qualen brennt dein Schoß,
Da lächelt dein Auge schmerzlich und groß,
O Mutter du, Maria!
Abendgang
Ich gehe in den Abend hinein,
Der Wind läuft mit und singt:
Verzauberter du von jedem Schein,
O fühle, was mit dir ringt!
Einer Toten Stimme, die ich geliebt,
Spricht: Arm ist der Toren Herz!
Vergiß, vergiß, was die Seele dir trübt!
Das Werdende sei dein Schmerz!
Der Heilige
Wenn in der Hölle selbstgeschaffener Leiden
Grausam-unzüchtige Bilder ihn bedrängen
— Kein Herz ward je von lasser Geilheit so
Berückt wie seins, und so von Gott gequält
Kein Herz — hebt er die abgezehrten Hände,
Die unerlösten, betend auf zum Himmel.
Doch formt nur qualvoll-ungestillte Lust
Sein brünstig-fieberndes Gebet, des Glut
Hinströmt durch mystische Unendlichkeiten.
Und nicht so trunken tönt das Evoe
Des Dionys, als wenn in tödlicher,
Wutgeifernder Ekstase Erfüllung sich
Erzwingt sein Qualschrei: Exaudi me, o Maria!
Einer Vorübergehenden
Ich hab’ einst im Vorübergehn
Ein schmerzenreiches Antlitz gesehn,
Das schien mir tief und heimlich verwandt,
So gottgesandt —
Und ging vorüber und entschwand.
Ich hab’ einst im Vorübergehn
Ein schmerzenreiches Antlitz gesehn,
Das hat mich gebannt,
Als hätte ich eine wiedererkannt,
Die träumend ich einst Geliebte genannt
In einem Dasein, das längst entschwand.
Die tote Kirche
Auf dunklen Bänken sitzen sie gedrängt
Und heben die erloschnen Blicke auf
Zum Kreuz. Die Lichter schimmern wie verhängt,
Und trüb und wie verhängt das Wundenhaupt.
Der Weihrauch steigt aus güldenem Gefäß
Zur Höhe auf, hinsterbender Gesang
Verhaucht, und ungewiß und süß verdämmert
Wie heimgesucht der Raum. Der Priester schreitet
Vor den Altar; doch übt mit müdem Geist er
Die frommen Bräuche — ein jämmerlicher Spieler,
Vor schlechten Betern mit erstarrten Herzen,
In seelenlosem Spiel mit Brot und Wein.
Die Glocke klingt! Die Lichter flackern trüber —
Und bleicher, wie verhängt das Wundenhaupt!
Die Orgel rauscht! In toten Herzen schauert
Erinnerung auf! Ein blutend Schmerzensantlitz
Hüllt sich in Dunkelheit und die Verzweiflung
Starrt ihm aus vielen Augen nach ins Leere.
Und eine, die wie aller Stimmen klang,
Schluchzt auf — indes das Grauen wuchs im Raum,
Das Todesgrauen wuchs: Erbarme dich unser —
Herr!
Melusine
Wovon bin ich nur aufgewacht?
Mein Kind, es fielen Blüten zur Nacht!
Wer flüstert so traurig, als wie im Traum?
Mein Kind, der Frühling geht durch den Raum.
O sieh! Sein Gesicht wie tränenbleich!
Mein Kind, er blühte wohl allzu reich.
Wie brennt mein Mund! Warum weine ich ?
Mein Kind, ich küsse mein Leben in dich!
Wer faßt mich so hart, wer beugt sich zu mir?
Mein Kind, ich falte die Hände dir.
Wo geh’ ich nur hin? Ich träumte so schön!
Mein Kind, wir wollen in Himmel gehn.
Wie gut, wie gut! Wer lächelt so leis’ <?>
Da wurden ihre Augen weiß —
Da löschten alle Lichter aus
Und tiefe Nacht durchwehte das Haus.
Die Nacht der Armen
Es dämmert!
Und dumpf o hämmert
Die Nacht an unsre Tür!
Es flüstert ein Kind: Wie zittert ihr
So sehr!
Doch tiefer neigen
Wir Armen uns und schweigen
Und schweigen, als wären wir nicht mehr!
Nachtlied
Triff mich Schmerz! Die Wunde glüht.
Dieser Qual hab’ ich nicht acht!
Sieh aus meinen Wunden blüht
Rätselvoll ein Stern zur Nacht!
Triff mich Tod! Ich bin vollbracht.
De profundis
Die Totenkammer ist voll Nacht
Mein Vater schläft, ich halte Wacht.
Des Toten hartes Angesicht
Flimmert weiß im Kerzenlicht.
Die Blumen duften, die Fliege summt
Mein Herz lauscht fühllos und verstummt.
Der Wind pocht leise an die Tür.
Die öffnet sich mit hellem Geklirr.
Und draußen rauscht ein Ährenfeld,
Die Sonne knistert am Himmelszelt.
Von Früchten voll hängt Busch und Baum
Und Vögel und Falter schwirren im Raum.
Im Acker mähen die Bauersleut’
Im tiefen Schweigen der Mittagszeit.
Ich schlag’ ein Kreuz auf den Toten hin
Und lautlos verliert sich mein Schritt im Grün.
Am Friedhof
Morsch Gestein ragt schwül erwärmt.
Gelbe Weihrajachdünste schweben.
Bienen summen wirr verschwärmt
Und die Blumengitter beben.
Langsam regt sich dort ein Zug
An den sonnenstillen Mauern,
Schwindet flimmernd, wie ein Trug —
Totenlieder tief verschauern.
Lange lauscht es nach im Grün,
Läßt die Büsche heller scheinen;
Braune Mückenschwärme sprühn
Über alten Totensteinen.
Sonniger Nachmittag
Ein Ast wiegt mich im tiefen Blau.
Im tollen, herbstlichen Blattgewirr
Flimmern Falter, berauscht und irr.
Axtschläge hallen in der Au.
In roten Beeren verbeißt sich mein Mund
Und Licht und Schatten schwanken im Laub.
Stundenlang fällt goldener Staub
Knisternd in den braunen Grund.
Die Drossel lacht aus den Büschen her
Und toll und laut schlägt über mir
Zusammen das herbstliche Blattgewirr —
Früchte lösen sich leuchtend und schwer.
Zeitalter
Ein Tiergesicht im braunen Grün
Glüht scheu mich an, die Büsche glimmen.
Sehr ferne singt mit Kinderstimmen
Ein alter Brunnen. Ich lausche hin.
Die wilden Dohlen spotten mein
Und rings die Birken sich verschleiern.
Ich stehe still vor Unkrautfeuern
Und leise malen sich Bilder darein,
Auf Goldgrund uralte Liebesmär.
Ihr Schweigen breiten die Wolken am Hügel.
Aus geisterhaftem Weiherspiegel
Winken Früchte, leuchtend und schwer.
Der Schatten
Da ich heut morgen im Garten saß —
Die Bäume standen in blauer Blüh,
Voll Drosselruf und Tirili —
Sah ich meinen Schatten im Gras,
Gewaltig verzerrt, ein wunderlich Tier,
Das lag wie ein böser Traum vor mir.
Und ich ging und zitterte sehr,
Indes ein Brunnen ins Blaue sang
Und purpurn eine Knospe sprang
Und das Tier ging nebenher.
Wunderlicher Frühling
Wohl um die tiefe Mittagszeit,
Lag ich auf einem alten Stein,
Vor mir in wunderlichem Kleid
Standen drei Engel im Sonnenschein.
O ahnungsvolles Frühlingsjahr!
Im Acker schmolz der letzte Schnee,
Und zitternd hing der Birke Haar
In den kalten, klaren See.
Vom Himmel wehte ein blaues Band,
Und schön floß eine Wolke herein,
Der lag ich träumend zugewandt —
Die Engel knieten im Sonnenschein.
Laut sang ein Vogel Wundermär,
Und könnt mit einmal ihn verstehn:
Eh’ noch gestillt dein erst’ Begehr,
Mußt sterben gehn, mußt sterben gehn!
Der Traum eines Nachmittags
Still! der Alte kommt gegangen;
Und sein Schritt verdämmert wieder.
Schatten schweben auf und nieder —
Birken, die ins Fenster hangen.
Und am alten Rebenhügel
Tollt aufs neu der faunische Reigen,
Und die schlanken Nymphen steigen
Leise aus dem Brunnenspiegel.
Hör! da droht ein fern Gewittern.
Weihrauch dampft aus dunklen Kressen,
Falter feiern stille Messen
Vor verfall’nen Blumengittern.
Sommersonate
Täubend duften faule Früchte.
Busch’ und Bäume sonnig klingen,
Schwärme schwarzer Fliegen singen
Auf der braunen Waldeslichte.
In des Tümpels tiefer Bläue
Flammt der Schein von Unkrautbränden.
Hör’ aus gelben Blumenwänden
Schwirren jähe Liebesschreie.
Lang sich Schmetterlinge jagen;
Trunken tanzt auf schwülen Matten
Auf dem Thymian mein Schatten.
Hell verzückte Amseln schlagen.
Wolken starre Brüste zeigen,
Und bekränzt von Laub und Beeren
Siehst du unter dunklen Föhren
Grinsend ein Gerippe geigen.
Leuchtende Stunde
Fern am Hügel Flötenklang.
Faune lauern an den Sümpfen,
Wo versteckt in Rohr und Tang
Träge ruhn die schlanken Nymphen.
In des Weihers Spiegelglas
Goldne Falter sich verzücken,
Leise regt im samtnen Gras
Sich ein Tier mit zweien Rücken.
Schluchzend haucht im Birkenhain
Orpheus zartes Liebeslallen,
Sanft und scherzend stimmen ein
In sein Lied die Nachtigallen.
Phöbus eine Flamme glüht
Noch an Aphroditens Munde,
Und von Ambraduft durchsprüht —
Rötet dunkel sich die Stunde.
Kindheitserinnerung
Die Sonne scheint einsam am Nachmittag,
Und leise entschwebt der Ton der Immen.
Im Garten flüstern der Schwestern Stimmen —
Da lauscht der Knabe im Holzverschlag,
Noch fiebernd über Buch und Bild.
Müd welken die Linden im Blau versunken.
Ein Reiher hängt reglos im Äther ertrunken,
Am Zaun phantastisches Schattenwerk spielt.
Die Schwestern gehen still ins Haus,
Und ihre weißen Kleider schimmern
Bald ungewiß aus hellen Zimmern,
Und wirr erstirbt der Büsche Gebraus.
Der Knabe streichelt der Katze Haar,
Verzaubert von ihrer Augen Spiegel.
Ein Orgelklang hebt fern am Hügel
Sich auf zum Himmel wunderbar.
Ein Abend
Am Abend war der Himmel verhangen.
Und durch den Hain voll Schweigen und Trauer
Fuhr ein dunkelgoldener Schauer.
Ferne Abendgeläute verklangen.
Die Erde hat eisiges Wasser getrunken,
Am Waldrand lag ein Brand im Verglimmen,
Der Wind sang leise mit Engelstimmen
Und schaudernd bin ich ins Knie gesunken,
In’s Haidekraut, in bittere Kressen.
Weit draußen schwammen in silbernen Lachen
Wolken, verlassene Liebes wachen.
Die Haide war einsam und unermessen.
Jahreszeit
Rubingeäder kroch ins Laub.
Dann war der Weiher still und weit.
Am Waldsaum lagen bunt verstreut
Bläulich Gefleck und brauner Staub.
Ein Fischer zog sein Netze ein.
Dann kam die Dämmrung übers Feld.
Doch schien ein Hof noch fahl erhellt
Und Mägde brachten Obst und Wein.
Ein Hirtenlied starb ferne nach.
Dann standen Hütten kahl und fremd.
Der Wald im grauen Totenhemd
Rief traurige Erinnerung wach.
Und über Nacht ward leis’ die Zeit
Und wie in schwarzen Löchern flog
Im Wald ein Rabenheer und zog
Nach der Stadt sehr fernem Geläut.
Im Weinland
Die Sonne malt herbstlich Hof und Mauern,
Das Obst, zu Haufen rings geschichtet,
Davor armselige Kinder kauern.
Ein Windstoß alte Linden lichtet.
Durchs Tor ein goldener Schauer regnet
Und müde ruhn auf morschen Bänken
Die Frauen, deren Leib gesegnet.
Betrunkne Glas und Krüge schwenken.
Ein Strolch läßt seine Fidel klingen
Und geil im Tanz sich Kittel blähen.
Hart braune Leiber sich umschlingen.
Aus Fenstern leere Augen sehen.
Gestank steigt aus dem Brunnenspiegel.
Und schwarz, verfallen, abgeschieden
Verdämmern rings die Rebenhügel.
Ein Vogelzug streicht rasch gen Süden.
Das dunkle Tal
In Föhren zerflattert ein Krähenzug
Und grüne Abendnebel steigen
Und wie im Traum ein Klang von Geigen
Und Mägde laufen zum Tanz in Krug.
Man hört Betrunkener Lachen und Schrei,
Ein Schauer geht durch alte Eiben.
An leichenfahlen Fensterscheiben
Huschen die Schatten der Tänzer vorbei.
Es riecht nach Wein und Thymian
Und durch den Wald hallt einsam Rufen.
Das Bettelvolk lauscht auf den Stufen
Und hebt sinnlos zu beten an.
Ein Wild verblutet im Haselgesträuch.
Dumpf schwanken riesige Baumarkaden,
Von eisigen Wolken überladen.
Liebende ruhn umschlungen am Teich.
Sommerdämmerung
Im grünen Äther flimmert jäh ein Stern
Und im Spitale wittern sie den Morgen.
Die Drossel trällert irr im Busch verborgen
Und Klosterglocken gehn traumhaft und fern.
Ein Standbild ragt am Platz, einsam und schlank
Und in den Höfen dämmern rote Blumenpfühle<.>
Die Luft um Holzbalkone bebt von Schwüle
Und Fliegen taumeln leise um Gestank.
Der Silbervorhang dort vor’m Fenster hehlt
Verschlungene Glieder, Lippen, zarte Brüste.
Ein hart’ Gehämmer hallt vom Turmgerüste
Und weiß verfällt der Mond am Himmelszelt.
Ein geisterhafter Traumakkord verschwebt
Und Mönche tauchen aus den Kirchentoren
Und schreiten im Unendlichen verloren.
Ein heller Gipfel sich am Himmel hebt.
Im Mondschein
Ein Heer von Ungeziefer, Mäusen, Ratten
Tollt auf der Diele, die im Mondschein schimmert.
Der Wind schreit wie im Traume auf und wimmert.
Am Fenster zittern kleiner Blätter Schatten.
Bisweilen zwitschern Vögel in den Zweigen
Und Spinnen kriechen an den kahlen Mauern.
Durch leere Gänge bleiche Flecken schauern.
Es wohnt im Haus ein wunderliches Schweigen.
Im Hofe scheinen Lichter hinzugleiten
Auf faulem Holz, verfallenem Gerumpel.
Dann gleißt ein Stern in einem schwarzen Tümpel.
Figuren stehn noch da aus alten Zeiten.
Man sieht Konturen noch von anderen Dingen
Und eine Schrift, verblaßt auf morschen Schildern,
Vielleicht die Farben auch von heiteren Bildern:
Engel, die vor Mariens Throne singen.
Märchen
Raketen sprühn im gelben Sonnenschein;
Im alten Park welch maskenhaft Gewimmel.
Landschaften spiegeln sich am grauen Himmel
Und manchmal hört den Faun man gräßlich schrein.
Sein goldnes Grinsen zeigt sich grell im Hain.
In Kressen tobt der Hummeln Schlachtgetümmel,
Ein Reiter trabt vorbei auf fahlem Schimmel.
Die Pappeln glühn in Ungewissen Reihn.
Die Kleine, die im Weiher heut ertrank,
Ruht eine Heilige im kahlen Zimmer
Und öfter blendet sie ein Wolkenschimmer.
Die Alten gehn im Treibhaus stumpf und krank
Und gießen ihre Blumen, die verdorren.
Am Tore flüstern Stimmen traumverworren.
Ein Frühlingsabend
Komm’ Abend, Freund, der mir die Stirn’ umdüstert,
Auf Pfaden gleitend durch sanftgrüne Saat.
Auch winken Weiden feierlich und stad;
Geliebte Stimme in den Zweigen flüstert.
Der heitere Wind spült Holdes her von wannen,
Narzissenduft, der silbern dich berührt.
Im Haselstrauch die Amsel musiziert —
Ein Hirtenlied gibt Antwort aus den Tannen.
Wie lange ist das kleine Haus entschwunden,
Wo nun ein Birkenwäldchen niederquillt;
Der Weiher trägt ein einsam Sternenbild —
Und Schatten, die sich still ins Goldne runden!
Und also wundertätig ist die Zeit,
Daß man die Engel sucht in Menschenblicken,
Die sich in unschuldsvollem Spiel entzücken.
Ja! Also wundertätig ist die Zeit.
Klagelied
Die Freundin, die mit grünen Blumen gaukelnd
Spielt in mondenen Gärten —
O! was glüht hinter Taxushecken!
Goldener Mund, der meine Lippen rührt,
Und sie erklingen wie die Sterne
Über dem Bache Kidron.
Aber die Sternennebel sinken über der Ebene,
Tänze wild und unsagbar.
O! meine Freundin deine Lippen
Granatapfellippen
Reifen an meinem kristallenen Muschelmund.
Schwer ruht auf uns
Das goldene Schweigen der Ebene.
Zum Himmel dampft das Blut
Der von Herodes
Gemordeten Kinder.
Frühling der Seele
Blumen blau und weiß verstreut
Streben heiter auf im Grund.
Silbern webt die Abendstund’,
Laue Öde, Einsamkeit.
Leben blüht nun voll Gefahr,
Süße Ruh um Kreuz und Grab.
Eine Glocke läutet ab.
Alles scheinet wunderbar.
Weide sanft im Äther schwebt,
Hier und dort ein flackernd Licht.
Frühling flüstert und verspricht
Und der feuchte Efeu bebt.
Saftig grünen Brot und Wein,
Orgel tönt voll Wunderkraft;
Und um Kreuz und Leidenschaft
Glänzt ein geisterhafter Schein.
O! Wie schön sind diese Tag’.
Kinder durch die Dämmerung gehn;
Blauer schon die Winde wehn.
Ferne spottet Drosselschlag.
Westliche Dämmerung
Ein Faungeschrei durch Funken tollt,
In Parken schäumen Lichtkaskaden,
Metallischer Brodem um Stahlarkaden
Der Stadt, die um die Sonne rollt.
Ein Gott jagt schimmernd im Tigergespann
Vorbei an Frauen und hellen Bazaren,
Erfüllt von fließenden Golden und Waren.
Und Sklavenvolk heult dann und wann.
Ein trunknes Schiff dreht am Kanal
Sich trag in grünen Sonnengarben.
Ein heiteres Konzert von Farben
Hebt leise an vorm Hospital.
Ein Quirinal zeigt finstere Pracht.
In Spiegeln bunte Mengen kreisen
Auf Brückenbögen und Geleisen.
Vor Banken bleich ein Dämon wacht.
Ein Träumender sieht schwangere Fraun
In schleimigem Glanz vorübergleiten,
Ein Sterbender hört Glocken läuten —
Ein goldner Hort glüht leis’ im Graun.
Die Kirche
Gemalte Engel hüten die Altäre;
Und Ruh und Schatten; Strahl aus blauen Augen.
In Weihrauchdünsten schwimmen schmutzige Laugen
Gestalten schwanken jammervoll ins Leere.
Im schwarzen Betstuhl gleichet der Madonne
Ein kleines Hürlein mit verblichnen Wangen.
An goldnen Strahlen Wachsfiguren hangen;
Weißbärtigen Gott umkreisen Mond und Sonne.
Ein Schein von weichen Säulen und Gerippen.
Am Chor der Knaben süße Stimmen starben.
Sehr leise regen sich versunkene Farben,
Ein strömend Rot von Magdalenens Lippen.
Ein schwangeres Weib geht irr in schweren Träumen
Durch diese Dämmerung voll Masken, Fahnen.
Ihr Schatten kreuzt der Heiligen stille Bahnen,
Der Engel Ruh in kalkgetünchten Räumen.
An Angela
1. Fassung
1
Ein einsam Schicksal in verlaßnen Zimmern
Ein sanfter Wahnsinn tastet an Tapeten.
An Fenstern fließen Pelagonienbeeten,
Narzissen auch und keuscher im Verkümmern
Als Alabaster, die im Garten schimmern.
In blauen Schleiern lächeln Indiens Morgen.
Ihr süßer Weihrauch scheucht des Fremdlings Sorgen,
Schlaflose Nacht am Weiher um Angelen.
In leerer Maske ruht sein Schmerz verborgen,
Gedanken, die sich schwarz ins Dunkel stehlen.
Die Drosseln lachen rings aus sanften Kehlen.
2
Die Früchte, die sich rot in Zweigen runden, —
Angelens Lippen, die ihr Süßes zeigen,
Wie Nymphen, die sich über Quellen neigen
In ruhevollem Anblick lange Stunden,
Des Nachmittags grüngoldne, lange Stunden.
Doch manchmal kehrt der Geist zu Kampf und Spiele<.>
In goldnen Wolken wogt ein Schlachtgewühle
Und Hyazinthnes treibt aus wirren Kressen.
Ein Dämon sinnt Gewitter in der Schwüle,
Im Grabesschatten trauriger Zypressen.
Da fällt der erste Blitz aus schwarzen Essen.
3
Der Juniweiden abendlich Geflüster;
Lang klingt ein Regen nach in Flötenklängen.
Wie regungslos im Grau die Vögel hängen!
Und hier Angelens Ruh im Zweiggedüster;
Es ist der Dichter dieser Schönheit Priester.
Von dunkler Kühle ist sein Mund umflossen.
Im Tal ruhn weiche Nebel hingegossen.
Am Saum des Waldes und der Schwermut
Schatten Schwebt Goldenes von seinem Mund geflossen
Am Saum des Waldes und der Schwermut Schatten.
Die Nacht umfängt sein trunkenes Ermatten.
2. Fassung
1
Ein einsam Schicksal in verlaßnen Zimmern.
Ein sanfter Wahnsinn tastet an Tapeten,
An Fenstern, rötlichen Geranienbeeten,
Narzissen auch und keuscher im Verkümmern
Als Alabaster, die im Garten schimmern.
In blauen Schleiern lächeln Indiens Morgen.
Ihr süßer Weihrauch scheucht des Fremdlings Sorgen,
Schlaflose Nacht am Weiher um Angelen.
In leerer Maske ruht sein Schmerz verborgen,
Gedanken, die sich schwarz ins Dunkel stehlen.
Die Drosseln lachen rings aus sanften Kehlen.
2
Den spitzes Gras umsäumt, am Kreuzweg hocken
Die Mäher müde und von Mohne trunken,
Der Himmel ist sehr schwer auf sie gesunken,
Die Milch und Öde langer Mittagsglocken.
Und manchmal flattern Krähen auf im Roggen.
Von Frucht und Greueln wächst die heiße Erde
In goldnem Glanz, o kindliche Geberde
Der Wollust und ihr hyazinthnes Schweigen,
So Brot und Wein, genährt am Fleisch der Erde,
Sebastian im Traum ihr Geistiges zeigen.
Angelens Geist ist weichen Wolken eigen.
3
Die Früchte, die sich rot in Zweigen runden,
Des Engels Lippen, die ihr Süßes zeigen,
Wie Nymphen, die sich über Quellen neigen
In ruhevollem Anblick lange Stunden,
Des Nachmittags grüngoldne, lange Stunden.
Doch manchmal kehrt der Geist zu Kampf und Spiele.
In goldnen Wolken wogt ein Schlachtgewühle
Von Fliegen über Fäulnis und Abszessen.
Ein Dämon sinnt Gewitter in der Schwüle,
Im Grabesschatten trauriger Zypressen.
Da fällt der erste Blitz aus schwarzen Essen.
4
Des Weidenwäldchens silbernes Geflüster;
Lang klingt ein Regen nach in Flötenklängen.
Im Abend regungslose Vögel hängen!
Ein blaues Wasser schläft im Zweiggedüster.
Es ist der Dichter dieser Schönheit Priester.
Schmerzvolles Sinnen in der dunklen Kühle.
Von Mohn und Weihrauch duften milde Pfühle
Am Saum des Waldes und der Schwermut Schatten
Angelens Freude und der Sterne Spiele
Die Nacht umfängt der Liebenden Ermatten.
Der Saum des Waldes und der Schwermut Schatten.
In Milch und Öde
<.............................................
..............................................>
In Milch und Öde; — dunkle Plage
Saturn lenkt finster deine Stund.
Im Schatten schwarzer Thujen irrt
Eva entstellt von Blut und Wunden,
Der süße Leib zerfetzt von Hunden —
O Mund, der herzzerreißend girrt.
Der Arme starr erhobnes Flehn
Ragt wild ins weiße Zelt der Sterne.
Im Ahorn dampft die Mondlaterne,
Am Weiher glühn die Azaleen.
O still! Die blinde Drossel singt
Im Käfig ihre trunkne Weise
Dem goldnen Helios zum Preise —
Ein Kerzenflämmchen zuckt und klingt.
O Lied voll Schmerz und Ewigkeit!
Gestirn und Schatten grau erbleichen
Und sind bald nur verlerne Zeichen.
Ein Hahn kräht um die Dämmerzeit.
Träumerei am Abend
Wo einer abends geht, ist nicht des Engels Schatten
Und Schönes! Es wechseln Gram und sanfteres Vergessen;
Des Fremdlings Hände tasten Kühles und Zypressen
Und seine Seele faßt ein staunendes Ermatten.
Der Markt ist leer von roten Früchten und Gewinden.
Einträchtig stimmt der Kirche schwärzliches Gepränge,
In einem Garten tönen sanften Spieles Klänge,
Wo Müde nach dem Mahle sich zusammenfinden.
Ein Wagen rauscht, ein Quell sehr fern durch grüne Pfühle.
Da zeigt sich eine Kindheit traumhaft und verflossen,
Angelens Sterne, fromm zum mystischen Bild geschlossen,
Und ruhig rundet sich die abendliche Kühle.
Dem einsam Sinnenden löst weißer Mohn die Glieder,
Daß er Gerechtes schaut und Gottes tiefe Freude.
Vom Garten irrt sein Schatten her in weißer Seide
Und neigt sich über trauervolle Wasser nieder.
Gezweige stießen flüsternd ins verlaßne Zimmer
Und Liebendes und kleiner Abendblumen Beben.
Der Menschen Stätte gürten Korn und goldne Reben,
Den Toten aber sinnet nach ein mondner Schimmer.
Wintergang in a-Moll
Oft tauchen rote Kugeln aus Geästen,
Die langer Schneefall sanft und schwarz verschneit.
Der Priester gibt dem Toten das Geleit.
Die Nächte sind erfüllt von Maskenfesten.
Dann streichen übers Dorf zerzauste Krähen;
In Büchern stehen Märchen wunderbar.
Ans Fenster flattert eines Greisen Haar.
Dämonen durch die kranke Seele gehen.
Der Brunnen friert im Hof. Im Dunkel stürzen
Verfallne Stiegen und es weht ein Wind
Durch alte Schächte, die verschüttet sind.
Der Gaumen schmeckt des Frostes starke Würzen.
Immer dunkler
Der Wind, der purpurne Wipfel bewegt,
Ist Gottes Odem, der kommt und geht.
Das schwarze Dorf vorm Wald aufsteht;
Drei Schatten sind über den Acker gelegt.
Kärglich dämmert unten und still
Den Bescheidenen das Tal.
Grüßt ein Ernstes in Garten und Saal,
Das den Tag beenden will,
Fromm und dunkel ein Orgelklang.
Marie thront dort im blauen Gewand
Und wiegt ihr Kindlein in der Hand.
Die Nacht ist sternenklar und lang.
Unterwegs
1. Fassung
Ein Duft von Myrrhen, der im Zwielicht irrt.
Im Qualm versinken Plätze rot und wüst.
Bazare kreisen und ein Goldstrahl fließt
In alte Läden seltsam und verwirrt.
Im Spülicht glüht Verfallnes; und der Wind
Ruft dumpf die Qual verbrannter Gärten wach.
Beseßne jagen goldnen Träumen nach.
An Fenstern ruhn Dryaden schlank und lind.
Traumsüchtige wandeln, die ein Wunsch verzehrt.
Arbeiter strömen schimmernd durch ein Tor.
Stahltürme glühn am Himmelsrand empor.
O Märchen in Fabriken grau versperrt!
Im Finstern trippelt puppenhaft ein Greis
Und lüstern lacht ein Klimperklang von Geld.
Ein Heiligenschein auf jene Kleine fällt,
Die vorm Kaffeehaus wartet, sanft und weiß.
O goldner Glanz, den sie in Scheiben weckt!
Durchsonnter Lärm dröhnt ferne und verzückt.
Ein krummer Schreiber lächelt wie verrückt
Zum Horizont, den grün ein Aufruhr schreckt.
Auf Brücken von Kristall Karrossen ziehn,
Obstkarren, Leichenwagen schwarz und fahl,
Von hellen Dampfern wimmelt der Kanal,
Konzerte klingen. Grüne Kuppeln sprühn.
Volksbäder flimmern in Magie von Licht,
Verwunschne Straßen, die man niederreißt.
Ein Herd von Seuchen wirr im Äther kreist,
Ein Schein von Wäldern durch Rubinstaub bricht.
Verzaubert glänzt im Grau ein Opernhaus.
Aus Gassen fluten Masken ungeahnt,
Und irgendwo loht wütend noch ein Brand.
Ein kleiner Falter tanzt im Windgebraus.
Quartiere dräun voll Elend und Gestank.
Violenfarben und Akkorde ziehn
Vor Hungrigen an Kellerlöchern hin.
Ein süßes Kind sitzt tot auf einer Bank.
2. Fassung
Ein Duft von Myrrhen, der durchs Zwielicht irrt,
Ein Fastnachtsspiel, auf Plätzen schwarz und wüst.
Gewölk durchbricht ein goldner Strahl und fließt
In kleine Läden traumhaft und verwirrt.
Im Spülicht glüht Verfallnes und der Wind
Ruft dumpf die Qual verbrannter Gärten wach.
Beseßne jagen dunklen Dingen nach;
An Fenstern ruhn Dryaden schlank und lind.
Ein Knabenlächeln, das ein Wunsch verzehrt.
Verschlossen starrt ein altes Kirchentor.
Sonaten lauscht ein wohlgeneigtes Ohr;
Ein Reiter trabt vorbei auf weißem Pferd.
Im Finstern trippelt puppenhaft ein Greis
Und lüstern lacht ein Klimperklang von Geld.
Ein Heiligenschein auf jene Kleine fällt,
Die vorm Kaffeehaus wartet, sanft und weiß.
O goldner Glanz, den sie in Scheiben weckt!
Der Sonne Lärm dröhnt ferne und verzückt.
Ein krummer Schreiber lächelt wie verrückt
Zum Horizont, den grün ein Aufruhr schreckt.
Karrossen abends durch Gewitter ziehn.
Durchs Dunkel stürzt ein Leichnam, leer und fahl.
Ein heller Dampfer landet am Kanal,
Ein Mohrenmädchen ruft im wilden Grün.
Schlafwandler treten vor ein Kerzenlicht,
In eine Spinne fährt des Bösen Geist.
Ein Herd von Seuchen Trinkende umkreist;
Ein Eichenwald in kahle Stuben bricht.
Im Plan erscheint ein altes Opernhaus,
Aus Gassen fluten Masken ungeahnt
Und irgendwo loht wütend noch ein Brand.
Die Fledermäuse Schrein im Windgebraus.
Quartiere dräun voll Elend und Gestank.
Violenfarben und Akkorde ziehn
Vor Hungrigen an Kellerlöchern hin.
Ein süßes Kind sitzt tot auf einer Bank.
Dezember (Dezembersonett)
DEZEMBERSONETT
1. Fassung
Am Abend ziehen Gaukler durch den Wald
Auf wunderlichen Wägen, kleinen Rossen.
In Wolken scheint ein goldner Hort verschlossen.
Im weißen Plan sind Dörfer eingemalt.
Der Wind schwingt Schild und Knüppel schwarz und kalt,
Ein Rabe folgt den mürrischen Genossen.
Vom Himmel fällt ein Strahl auf blutige Gossen
Und sacht ein Leichenzug zum Friedhof wallt.
Des Schäfers Hütte schwindet nah im Grau,
Im Weiher gleißt ein Glanz von alten Schätzen;
Die Bauern sich im Krug zum Weine setzen.
Ein Knabe gleitet scheu zu einer Frau.
Man sieht noch in der Sakristei den Küster
Und rötliches Geräte, schön und düster.
DEZEMBERSONETT
2. Fassung
Am Abend ziehen Gaukler durch den Wald,
Auf wunderlichen Wägen, kleinen Rossen.
In Wolken scheint ein goldner Hort verschlossen,
Im dunklen Plan sind Dörfer eingemalt.
Der rote Wind bläht Linnen schwarz und kalt.
Ein Hund verfault, ein Strauch raucht blutbegossen.
Von gelben Schrecken ist das Rohr durchflossen
Und sacht ein Leichenzug zum Friedhof wallt.
Des Greisen Hütte schwindet nah im Grau.
Im Weiher gleißt ein Schein von alten Schätzen.
Die Bauern sich im Krug zum Weine setzen.
Ein Knabe gleitet scheu zu einer Frau.
Ein Mönch verblaßt im Dunkel sanft und düster.
Ein kahler Baum ist eines Schläfers Küster.
Ein Teppich, darein die leidende Landschaft verblaßt
Ein Teppich, darein die leidende Landschaft verblaßt
Vielleicht Genezareth, im Sturm ein Nachen
Aus Wetterwolken stürzen goldene Sachen
Der Wahnsinn, der den sanften Menschen faßt.
Die alten Wasser gurgeln ein blaues Lachen.
Und manchmal öffnet sich ein dunkler Schacht.
Besessene spiegeln sich in kalten Metallen
Tropfen Blutes auf glühende Platten fallen
Und ein Antlitz zerfällt in schwarzer Nacht.
Fahnen, die in finstern Gewölben lallen.
Andres erinnert an der Vögel Flug
Über dem Galgen der Krähen mystische Zeichen
In spitzen Gräsern versinken kupferne Schleichen
In Weihrauchkissen ein Lächeln verhurt und klug.
Charfreitagskinder blind an Zäunen stehen
Im Spiegel dunkler Gossen voll Verwesung
Der Sterbenden hinseufzende Genesung
Und Engel die durch weiße <?> Augen gehen
Von Lidern düstert goldene Erlösung.
Rosiger Spiegel: ein häßliches Bild
Rosiger Spiegel: ein häßliches Bild,
Das im schwarzen Rücken erscheint,
Blut aus brochenen Augen weint
Lästernd mit toten Schlangen spielt.
Schnee rinnt durch das starrende Hemd
Purpurn über das schwarze Gesicht,
Das in schwere Stücken zerbricht
Von Planeten, verstorben und fremd.
Spinne im schwarzen Rücken erscheint
Wollust, dein Antlitz verstorben und fremd.
Blut rinnt durch das starrende Hemd
Schnee aus brochenen Augen weint.
Dunkel ist das Lied des Frühlingsregens
Dunkel ist das Lied des Frühlingsregens in der Nacht,
Unter den Wolken die Schauer rosiger Birnenblüteii
Gaukelei des Herzens, Gesang und Wahnsinn der Nacht.
Feurige Engel, die aus verstorbenen Augen treten.
Gestalt die lange in Kühle finstern Steins gewohnt
Gestalt die lange in Kühle finstern Steins gewohnt
Öffnet tönend den bleichen Mund
Runde Eulenaugen — Tönendes Gold.
Verfallen und leer fanden jene die Höhle des Walds
Den Schatten einer Hirschkuh im morschen Geäst
Am Saum der Quelle die Finsternis seiner Kindheit.
Lange singt ein Vogel am Waldsaum deinen Untergang
Die bangen Schauer deines braunen Mantels;
Erscheint der Schatten der Eule im morschen Geäst.
Lange singt ein Vogel am Waldsaum deinen Untergang
Die bangen Schauer deines blauen Mantels
Erscheint der Schatten der Mutter im spitzen Gras.
Lange singt ein Vogel am Waldsaum deinen. Untergang
Die bangen Schauer deines schwarzen Mantels
Erscheint der Schatten des Rappens im Spiegel des Quells.
Delirien
1
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............................................
............................................
............................................>
2
Dunkle Deutung des Wassers: Stirne im Mund der Nacht,
Seufzend in schwarzen Kissen des Menschen rosiger Schatten,
Röte des Herbstes, das Rauschen des Ahorns im alten Park,
Kammerkonzerte, die auf verfallenen Treppen verklingen.
3
Der schwarze Kot, der von den Dächern rinnt.
Ein roter Finger taucht in deine Stirne
In die Mansarde sinken blaue Firne,
Die Liebender erstorbene Spiegel sind.
Delirium
Der schwarze Schnee, der von den Dächern rinnt;
Ein roter Finger taucht in deine Stirne
Ins kahle Zimmer sinken blaue Firne,
Die Liebender erstorbene Spiegel sind.
In schwere Stücke bricht das Haupt und sinnt
Den Schatten nach im Spiegel blauer Firne,
Dem kalten Lächeln einer toten Dirne.
In Nelkendüften weint der Abendwind.
Am Rand eines alten Wassers
AM RAND EINES ALTEN BRUNNENS
1. Fassung
Dunkle Deutung des Wassers: Stirne im Mund der Nacht<,>
Seufzend in schwarzen Kissen des Menschen rosiger Schatten,
Röte des Herbstes, das Rauschen des Ahorns im alten Park,
Kammerkonzerte, die auf verfallenen Treppen verklingen.
AM RAND EINES ALTEN BRUNNENS
2. Fassung
Dunkle Deutung des Wassers: Zerbrochene Stirne im Munde der Nacht
Seufzend in schwarzem Kissen des Knaben bläulicher Schatten,
Das Rauschen des Ahorns, Schritte im alten Park,
Kammerkonzerte, die auf einer Wendeltreppe verklingen,
Vielleicht ein Mond, der leise die Stufen hinaufsteigt.
Die sanften Stimmen der Nonnen in der verfallenen Kirche,
Ein blaues Tabernakel, das sich langsam auftut,
Sterne, die auf deine knöchernen Hände fallen,
Vielleicht ein Gang durch verlassene Zimmer,
Der blaue Ton der Flöte im Haselgebüsch — sehr leise.
An Mauern hin
Es geht ein alter Weg entlang
An wilden Gärten und einsamen Mauern.
Tausendjährige Eiben schauern
Im steigenden fallenden Windgesang.
Die Falter tanzen, als stürben sie bald,
Mein Blick trinkt weinend die Schatten und Lichter.
Ferne schweben Frauengesichter
Geisterhaft ins Blau gemalt.
Ein Lächeln zittert im Sonnenschein,
Indes ich langsam weiterschreite;
Unendliche Liebe gibt das Geleite.
Leise ergrünt das harte Gestein.
Ein Blasses, ruhend im Schatten
I
Ein Blasses, ruhend im Schatten verfallener Stiegen —
Jenes erhebt sich nachts in silberner <?> Gestalt
Und wandelt unterm Kreuzgang hin.
In Kühle eines Baums und ohne Schmerz
Atmet das Vollkommene
Und bedarf der herbstlichen Sterne nicht —
Dornen, darüber jener fällt <?>.
Seinem traurigen Fall
Sinnen lange Liebende nach.
Die Stille der Verstorbenen
Die Stille der Verstorbenen liebt den alten Garten,
Die Irre die in blauen Zimmern gewohnt,
Am Abend erscheint die stille Gestalt am Fenster
Sie aber ließ den vergilbten Vorhang herab —
Das Rinnen der Glasperlen erinnerte an unsere Kindheit,
Nachts fanden wir einen schwarzen Mond im Wald
In eines Spiegels Bläue tönt die sanfte Sonate
Lange Umarmungen
Gleitet ihr Lächeln über des Sterbenden Mund.
Mit rosigen Stufen sinkt ins Moor
Mit rosigen Stufen sinkt ins Moor der Stein
Gesang von Gleitendem und schwarzes Lachen
Gestalten gehn in Zimmern aus und ein
Und knöchern grinst der Tod in schwarzem Nachen.
Pirat auf dem Kanal im roten Wein
Dess’ Mast und Segel oft im Sturm zerbrachen.
Ertränkte stoßen purpurn ans Gestein
Der Brücken. Stählern klirrt der Ruf der Wachen.
Doch manchmal lauscht der Blick ins Kerzenlicht
Und folgt den Schatten an verfallnen Wänden
Und Tänzer sind mit schlafverschlungnen Händen.
Die Nacht, die schwarz an deinem Haupt zerbricht
Und Tote, die sich in den Betten wenden
Den Marmor greifen mit zerbrochiien Händen.
Die blaue Nacht ist sanft
Die blaue Nacht ist sanft auf unsren Stirnen aufgegangen.
Leise berühren sich unsre verwesten Hände
Süße Braut!
Bleich ward unser Antlitz, mondene Perlen
Verschmolzen in grünem Weihergrund.
Versteinerte schauen wir unsre Sterne.
O Schmerzliches! Schuldige wandeln im Garten
In wilder Umarmung die Schatten,
Daß in gewaltigem Zorn Baum und Tier über sie sank.
Sanfte Harmonien, da wir in kristallnen Wogen
Fahren durch die stille Nacht
Ein rosiger Engel aus den Gräbern der Liebenden tritt.
O das Wohnen in der Stille
O das Wohnen in der Stille des dämmernden Gartens,
Da die Augen der Schwester sich rund und dunkel im Bruder aufgetan,
Der Purpur ihrer zerbrochenen Münder
In der Kühle des Abends hinschmolz.
Herzzerreißende Stunde.
September reifte die goldene Birne. Süße von Weihrauch
Und die Georgine brennt am alten Zaun
Sag! wo waren wir, da wir auf schwarzem Kahn
Im Abend vorüberzogen,
Darüberzog der Kranich. Die frierenden Arme
Hielten Schwarzes umschlungen, und innen rann Blut.
Und feuchtes Blau um unsre Schläfen. Arm’ Kindlein.
Tief sinnt aus wissenden Augen ein dunkles Geschlecht.
Am Abend
Ein blauer Bach, Pfad und Abend an verfallenen Hütten hin.
Hinter dunklen Gebüschen spielen Kinder mit blau und roten Kugeln;
Manche wechseln die Stirne und die Hände verwesen im braunen Laub.
In knöcherner Stille glänzt das Herz des Einsamen,
Schaukelt ein Kahn auf schwärzlichen Wassern.
Durch dunkles Gehölz flattert Haar und Lachen brauner Mägde.
Die Schatten der Alten kreuzen den Hug eines kleinen Vogels;
Geheimnis blauer Blumen auf ihren Schläfen.
Andere schwanken auf schwarzen Bänken im Abendwind.
Goldene Seufzer erlöschen leise in den kahlen Zweigen
Der Kastanie; ein Klang von dunklen Zymbeln des Sommers,
Wenn die Fremde auf der verfallenen Stiege erscheint.
Gericht
Hütten der Kindheit im Herbste sind,
Verfallener Weiler; dunkle Gestalten,
Singende Mütter im Abendwind;
An Fenstern Angelus und Händefalten.
Tote Geburt; auf grünem Grund
Blauer Blumen Geheimnis und Stille.
Wahnsinn öffnet den purpurnen Mund:
Dies irae — Grab und Stille.
Tasten an grünen Dornen hin;
Im Schlaf: Blutspeien, Hunger und Lachen;
Feuer im Dorf, Erwachen im Grün;
Angst und Schaukeln auf gurgelndem Nachen.
Oder an hölzerner Stiege lehnt
Wieder der Fremden weißer Schatten. —
Armer Sünder ins Blaue versehnt
Ließ seine Fäulnis Lilien und Ratten.
Schwesters Garten
1. Fassung
Es wird schon kühl, es wird schon spat,
Es ist schon Herbst geworden
In Seh westers Garten, still und stad;
Ihr Schritt ist weiß geworden.
Ein Amselruf verirrt und spat,
Es ist schon Herbst geworden
In Seh westers Garten still und stad;
Ein Engel ist geworden.
2. Fassung
In Schwesters Garten still und stad
Ein Blau ein Rot von Blumen spat
Ihr Schritt ist weiß geworden.
Ein Amselruf verirrt und spat
In Schwesters Garten still und stad;
Ein Engel ist geworden.
Wind, weiße Stimme
1. Fassung
Wind, weiße Stimme, die an des Schläfers Schläfe flüstert
In morschem Geäst hockt das Dunkle in seinem purpurnen Haar
Lange Abendglocke, versunken im Schlamm des Teichs
Und darüber neigen sich die gelben Blumen des Sommers.
Konzert von Hummeln und blauen Fliegen in Wildgras und Einsamkeit,
Wo mit rührenden Schritten ehdem Ophelia ging
Sanftes Gehaben des Wahnsinns. Ängstlich wogt das Grün im Rohr
Und die gelben Blätter der Wasserrosen, zerfällt ein Aas in heißen Nesseln
Erwachend umflattern den Schläfer kindliche Sonnenblumen.
Septemberabend, oder die dunklen Rufe der Hirten,
Geruch von Thymian. Glühendes Eisen sprüht in der Schmiede
Gewaltig bäumt sich ein schwarzes Pferd; die hyazinthene Locke der Magd
Hasch
Zu gelber Mauer erstarrt der Schrei des Rebhuhns verrostet in faulender Jauche ein Pflug
Leise rinnt roter Wein, die sanfte Guitarre im Wirtshaus.
O Tod! Der kranken Seele verfallener Bogen Schweigen und Kindheit.
Aufflattern mit irren Gesichtern die Fledermäuse
2. Fassung
Wind, weiße Stimme, die an des Trunknen Schläfe flüstert;
Verwester Pfad. Lange Abendglocken versanken im Schlamme des Teichs
Und darüber neigen sich die gelben Blumen des Herbstes, flackern mit irren Gesichtern
Die Fledermäuse.
Heimat! Abendrosiges Gebirg! Ruh! Reinheit!
Der Schrei des Geiers! Einsam dunkelt der Himmel,
Sinkt gewaltig das weiße Haupt am Waldsaum hin.
Steigt aus finsteren Schluchten die Nacht.
Erwachend umflattern den Schläfer kindliche Sonnenblumen.
So leise läuten
So leise läuten
Am Abend die blauen Schatten
An der weißen Mauer.
Stille neigt sich das herbstliche Jahr.
Stunde unendlicher Schwermut,
Als erlitt’ ich den Tod um dich.
Es weht von Gestirnen
Ein schneeiger Wind durch dein Haar.
Dunkle Lieder
Singt dein purpurner Mund in mir,
Die schweigsame Hütte unserer Kindheit,
Vergessene Sagen;
Als wohnt’ ich ein sanftes Wild
In der kristallnen Woge
Des kühlen Quells
Und es blühten die Veilchen rings
Der Tau des Frühlings
Der Tau des Frühlings der von dunklen Zweigen
Herniederfällt, es kommt die Nacht
Mit Sternenstrahlen, da des Lichtes du vergessen.
Unter dem Dornenbogen lagst
Sich tief in den kristallenen Leib
Daß feuriger sich die Seele der Nacht vermähle.
Es hat mit Sternen sich die Braut geziert,
Die reine Myrthe
Die sich über des Toten anbetendes Antlitz neigt.
Blühender Schauer voll
Umfängt dich endlich der blaue Mantel der Herrin.
O die entlaubten Buchen
O die entlaubten Buchen und der schwärzliche Schnee.
Leise der Nord weht. Hier den braunen Pfad
Ist vor Monden ein Dunkles gegangen
Allein <?> im Herbst. Immer fallen die Flocken
In das kahle Geäst
Ins dürre Rohr; grünes Kristall singt im Weiher
Leer die Hütte von Stroh; ein Kindliches
Sind die wehenden Birken im Nachtwind.
O der Weg der leise ins Dunkel friert.
Und das Wohnen in rosigem Schnee
An Novalis
1. Fassung
Ruhend in kristallner Erde, heiliger Fremdling
Vom dunklen Munde nahm ein Gott ihm die Klage,
Da er in seiner Blüte hinsank
Friedlich erstarb ihm das Saitenspiel
In der Brust,
Und es streute der Frühling seine Palmen <?> vor ihn,
Da er mit zögernden Schritten
Schweigend das nächtige Haus verließ.
2. Fassung (a)
In dunkler Erde ruht der heilige Fremdling.
Es nahm von sanftem Munde ihm die Klage der Gott,
Da er in seiner Blüte hinsank.
Eine blaue Blume
Fortlebt sein Lied im nächtlichen Haus der Schmerzen.
2. Fassung (b)
In dunkler Erde ruht der heilige Fremdling
In zarter Knospe
Wuchs dem Jüngling der göttliche Geist,
Das trunkene Saitenspiel
Und verstummte in rosiger Blüte.
Stunde des Grams
Schwärzlich folgt im herbstlichen Garten der Schritt
Dem glänzenden Mond,
Sinkt an frierender Mauer die gewaltige Nacht.
O, die dornige Stunde des Grams.
Silbern flackert im dämmernden Zimmer der Leuchter des Einsamen,
Hinsterbend, da jener ein Dunkles denkt
Und das steinerne Haupt über Vergängliches neigt,
Trunken von Wein und nächtigem Wohllaut.
Immer folgt das Ohr
Der sanften Klage der Amsel im Haselgebüsch.
Dunkle Rosenkranzstunde. Wer bist du
Einsame Flöte,
Stirne, frierend über finstere Zeiten geneigt.
Nächtliche Klage
1. Fassung
Die Nacht ist über der zerwühlten Stirne aufgegangen
Mit schönen Sternen
Am Hügel, da du von Schmerz versteinert lagst,
Ein wildes Tier im Garten dein Herz fraß.
Ein feuriger Engel
Liegst du mit zerbrochener Brust auf steinigem Acker,
Oder ein nächtlicher Vogel im Wald
Unendliche Klage
Immer wiederholend in dornigem Nachtgezweig.
2. Fassung
Die Nacht ist über der zerwühlten Stirne aufgegangen
Mit schönen Sternen
Über dem schmerzversteinerten Antlitz,
Ein wildes Tier fraß des Liebenden Herz
Ein feuriger Engel
Stürzt mit zerbrochener Brust auf steinigen Acker,
Wiederaufflatternd ein Geier.
Weh in unendlicher Klage
Mischt sich Feuer, Erde und blauer Quell
An Johanna
Oft hör’ ich deine Schritte
Durch die Gasse läuten.
Im braunen Gärtchen
Die Bläue deines Schattens.
In der dämmernden Laube
Saß ich schweigend beim Wein.
Ein Tropfen Blutes
Sank von deiner Schläfe
In das singende Glas
Stunde unendlicher Schwermut.
Es weht von Gestirnen
Ein schneeiger Wind durch das Laub
Jeglichen Tod erleidet,
Die Nacht der bleiche Mensch.
Dein purpurner Mund
Wohnt eine Wunde in mir.
Als kam’ ich von den grünen
Tannenhügeln und Sagen
Unserer Heimat,
Die wir lange vergaßen —
Wer sind wir? Blaue Klage
Eines moosigen Waldquells,
Wo die Veilchen
Heimlich im Frühling duften.
Ein friedliches Dorf im Sommer
Beschirmte die Kindheit einst
Unsres Geschlechts,
Hinsterbend nun am Abend-
Hügel die weißen Enkel
Träumen wir die Schrecken
Unseres nächtigen Blutes
Schatten in steinerner Stadt.
Melancholie
Die blaue Seele hat sich stumm verschlossen,
Ins offne Fenster sinkt der braune Wald,
Die Stille dunkler Tiere; im Grunde mahlt
Die Mühle, am Steg ruhn Wolken hingegossen,
Die goldnen Fremdlinge. Ein Zug von Rossen
Sprengt rot ins Dorf. Der Garten braun und kalt.
Die Aster friert, am Zaun so zart gemalt
Der Sonnenblume Gold schon fast zerflossen.
Der Dirnen Stimmen; Tau ist ausgegossen
Ins harte Gras und Sterne weiß und kalt.
Im teuren Schatten sieh den Tod gemalt,
Voll Tränen jedes Antlitz und verschlossen.
Bitte (An Luzifer)
AN LUZIFER
1. Fassung
Dem Geist schick’ deine Flammen, so er duldet,
Gefangen seufzt in schwarzer Mitternacht,
Am Frühlingshügel, so sich dargebracht
Das sanfte Lamm, der Schmerzen tiefsten duldet;
O Liebe, die gleich einem runden Licht
Aufgeht im Herzen und ein Sanftes duldet,
Daß dieses irdene Gefäß zerbricht.
AN LUZIFER
2. Fassung
Dem Geist’ schick deine Flammen, so er duldet,
Gefangen liegt in schwarzer Nacht,
Bis einst er fromm sich dargebracht
Der Welt, der er der Schmerzen tiefsten schuldet,
Die Liebe, die gleich einem Licht
Entbrennt im Herzen und ein Sanftes duldet,
Daß dies Gefäß der Tod zerbricht;
Gemordet Lamm, des Blut die Welt entschuldet.
3. Fassung
Dem Geist leih deine Flamme, glühende Schwermut;
Seufzend ragt das Haupt in die Mitternacht,
Am grünenden Frühlingshügel; wo vor Zeiten
Verblutet ein sanftes Lamm, der Schmerzen tiefsten
Erduldet; aber es folgt der Dunkle dem Schatten
Des Bösen, oder er hebt die feuchten Schwingen
Zur goldenen Scheibe der Sonne und es erschüttert
Ein Glockenton die schmerzzerrissene Brust ihm,
Wilde Hoffnung; die Finsternis flammenden Sturzes.
Nimm blauer Abend
Nimm blauer Abend eines Schläfe, leise ein Schlummerndes
Unter herbstlichen Bäumen, unter goldener Wolke.
Anschaut der Wald; als wohnte der Knabe ein blaues Wild
In der kristallnen Woge des kühlen Quells
So leise schlägt sein Herz in hyazinthener Dämmerung,
Trauert der Schatten der Schwester, ihr purpurnes Haar;
Dieses flackert im Nachtwind. Versunkene Pfade
Nachtwandelt jener und es träumt sein roter Mund
Unter verwesenden Bäumen; schweigend umfängt
Des Weihers Kühle den Schläfer, gleitet
Der verfallene Mond über seine schwärzlichen Augen.
Sterne versinkend im braunen Eichengeäst.
Am Abend
1. Fassung
Noch ist gelb das Gras, grau und schwarz der Baum
Aber mit ergrünendem Schritt gehst du am Wald hin,
Knabe, der mit großen Augen in die Sonne schaut.
O wie schön sind die entzückten Schreie der Vögelchen.
Der Fluß kommt von den Bergen kalt und klar
Tönt im grünen Versteck; also tönt es,
Wenn du trunken die Beine bewegst. Wilder Spaziergang
Im Blau; Geist der aus Bäumen tritt und bittrem Kraut
Siehe deine Gestalt. O Rasendes! Liebe neigt sich zu Weiblichem,
Bläulichen Wassern. Ruh und Reinheit!
Knospe vieles bewahrt, Grünes! Die schon sehr dunkel
Entsühne die Stirne mit dem feuchten Abendgezweig,
Schritt und Schwermut tönt einträchtig in purpurner Sonne.
2. Fassung
Noch ist gelb das Gras, grau und schwarz der Wald;
Aber am Abend dämmert ein Grün auf.
Der Fluß kommt von den Bergen kalt und klar,
Tönt im Felsen versteck; also tönt es,
Wenn du trunken die Beine bewegst; wilder Spaziergang
Im Blau; und die entzückten Schreie der Vögelchen.
Die schon sehr dunkel, tiefer neigt
Die Stirne sich über bläuliche Wasser, Weibliches;
Untergehend wieder in grünem Abendgezweig.
Schritt und Schwermut tönt einträchtig in purpurner Sonne.
Beim jungen Wein
1. Fassung
Sonne purpurn untergeht,
Schwalbe ist schon fern gezogen.
Unter abendlichen Bogen
Junger Wein die Runde geht;
Kind dein wildes Lachen.
Schmerz, darin die Welt vergeht.
Bleib der Augenblick gewogen,
Da im Abend hölzner Bogen
Junger Wein die Runde geht;
Kind dein wildes Lachen.
Flackerstern ans Fenster weht,
Kommt die schwarze Nacht gezogen,
Wenn im Schatten dunkler Bogen
Junger Wein die Runde geht;
Kind dein wildes Lachen.
2. Fassung
Sonne purpurn untergeht,
Schwalbe ist schon ferngezogen.
Unter abendlichen Bogen
Junger Wein die Runde geht;
Schnee fällt hinterm Berge.
Sommers letztes Grün verweht,
Jäger kommt vom Wald gezogen.
Unter abendlichen Bogen
Junger Wein die Runde geht;
Schnee fällt hinterm Berge.
Fledermaus die Stirn umweht,
Kommt ein Fremdling still gezogen.
Unter abendlichen Bogen
Junger Wein die Runde geht;
Schnee fällt hinterm Berge.
Rote Gesichter
Rote Gesichter verschlang die Nacht,
An härener Mauer
Tastet ein kindlich Gerippe im Schatten
Des Trunkenen, zerbrochenes Lachen
Im Wein, glühende Schwermut,
Geistesfolter — ein Stein verstummt
Die blaue Stimme des Engels
Im Ohr des Schläfers. Verfallenes Licht.
Heimkehr
Wenn goldne Ruh der Abend odmet
Wald und dunkle Wiese davor
Ein Schauendes ist der Mensch,
Ein Hirt, wohnend in der Herden dämmernder Stille,
Der Geduld der roten Buchen;
So klar da es Herbst geworden. Am Hügel
Lauscht der Einsame dem Flug der Vögel,
Dunkler Bedeutung und die Schatten der Toten
Haben sich ernster um ihn versammelt<;>
Mit Schauern erfüllt ihn kühler Resedenduft<,>
Die Hütten der Dörfler der Hollunder,
Wo vor Zeiten das Kind gewohnt.
Erinnerung, begrabene Hoffnung
Bewahrt dies braune Gebälk,
Darüber Georginen hangen,
Daß darnach er die Hände ringe<,>
Im braunen Gärtchen den schimmernden Schritt
Verboten Lieben, dunkles Jahr,
Daß von blauen Lidern die Tränen stürzten
Dem Fremdling unaufhaltsam.
Von braunen Wipfeln tropft der Tau,
Da jener ein blaues Wild am Hügel erwacht,
Lauschend den lauten Rufen der Fischer
Am Abendweiher
Dem ungestalten Schrei der Fledermäuse;
Aber in goldener Stille
Wohnt das trunkene Herz
Seines erhabenen Todes voll.
Träumerei
1. Fassung
Sanftes Leben wächst im Stillen
Schritt und Herz durchs Grüne eilt
Liebendes an Hecken weilt,
Die sich schwer mit Düften füllen.
Buche sinnt; die feuchten Glocken
Sind verstummt, der Bursche singt
Feuer Dunkeles umschlingt
O Geduld und stumm Frohlocken.
Frohen Mut gib noch zum Ende
Schön beseelte, stille Nacht,
Goldnen Wein, den dargebracht
Einer Schwester blaue Hände.
2. Fassung
Sanftes Leben wächst rings im Stillen
Durchs Grüne eilt Schritt und Herz.
Liebendes weilt an Hecken,
Die sich mit Düften füllen.
Tiefsinnige Buche im Wirtshausgarten. Die feuchten Glockei
Sind verstummt; ein Bursche singt
— Feuer das Dunkles sucht —
O blaue Stille, Geduld!
Frohen Mut auch gib
Grünende Nacht dem Einsamen,
Dem sein Stern erlosch,
Lachen in purpurnem Wein.
3. Fassung
Verliebte gehn an den Hecken,
Die sich mit Düften füllen.
Am Abend kommen frohe Gäste
Von der dämmernden Straße.
Sinnige Kastanie im Wirtshausgarten.
Die feuchten Glocken sind verstummt.
Ein Bursche singt am Fluß
— Feuer, das Dunkeles sucht —
O blaue Stille! Geduld!
Wenn jegliches blüht.
Sanften Mut auch gib
Nacht dem Heimatlosen,
Unergründliches Dunkel
Goldne Stunde in Wein.
Psalm
Stille; als sänken Blinde an herbstlicher Mauer hin,
Lauschend mit morschen Schläfen dem Flug der Rahen;
Goldne Stille des Herbstes, das Antlitz des Vaters in flackernder Sonne
Am Abend verfällt im Frieden brauner Eichen das alte Dorf,
Das rote Gehämmer der Schmiede, ein pochendes Herz.
Stille; in langsamen Händen verbirgt die hyazinthene Stirne die Magd
Unter flatternden Sonnenblumen. Angst und Schweigen
Brechender Augen erfüllt das dämmernde Zimmer, die zögernden Schritte
Der alten Frauen, die Flucht des purpurnen Munds, der langsam im Dunkel erlischt.
Schweigsamer Abend in Wein. Vom niedern Deckengebälk
Fiel ein nächtlicher Falter, Nymphe vergraben in bläulichen Schlaf.
Im Hot schlachtet der Knecht ein Lamm, der süße Geruch des Blutes
Umwölkt unsre Stirnen, die dunkle Kühle des Brunnens.
Nachtrauert die Schwermut sterbender Astern, goldne Stimmen im Wind.
Wenn es Nacht wird siehest du mich aus vermoderten Augen an,
In blauer Stille verfielen deine Wangen zu Staub.
So leise erlöscht ein Unkrautbrand, verstummt der schwarze Weiler im Grund
Als stiege das Kreuz den blauen Kalvarienhügel herab,
Würfe die schweigende Erde ihre Toten aus.
Herbstliche Heimkehr
1. Fassung (b)
Erinnerung, begrabene Hoffnung
Bewahrt dies braune Gebälk,
Darüber Georginen hangen
Immer stillere Heimkehr,
Der verfallne Garten den dunklen Abglanz
Vergangener Jahre,
Daß von blauen Lidern die Tränen stürzen
Dem Fremdling unaufhaltsam.
2. Fassung
Erinnerung, begrabene Hoffnung
Bewahrt dies braune Gebälk
Darüber Georginen hangen,
Immer stillere Heimkehr,
Der verfallne Garten dunklen Abglanz
Vergangner Jahre,
Daß von blauen Lidern Tränen stürzen
Unaufhaltsam.
O Geliebtes!
Schon tropft vom rostigen Ahorn
Laub, hinüberschimmern der Schwermut
Kristallne Minuten
Zur Nacht.
3. Fassung
Erinnerung, begrabene Hoffnung
Bewahrt dies braune Gebälk
Darüber Georginen hangen,
Immer stillere Heimkehr,
Der verfallne Garten dunklen Abglanz
Kindlicher Jahre,
Daß von blauen Lidern Tränen stürzen
Unaufhaltsam;
Hinüberschimmern der Schwermut
Kristallne Minuten
Zur Nacht.
Neige
1. Fassung
O geistlich Wiedersehn
Im alten Herbst!
So stille entblättern gelbe Rosen
Am Gartenzaun,
Schmolz in Tränen
Ein großer Schmerz.
So endet der goldne Tag.
Reich’ deine Hand mir liebe Schwester
In der Abendkühle.
2. Fassung
O geistlich Wiedersehn
In altem Herbst.
Gelbe Rosen
Entblättern am Gartenzaun,
Zu dunkler Träne
Schmolz ein großer Schmerz,
O Schwester!
So stille endet der goldne Tag.
Lebensalter
Geistiger leuchten die wilden
Rosen am Gartenzaun;
O stille Seele!
Im kühlen Weinlaub weidet
Die kristallne Sonne;
O heilige Reinheit!
Es reicht ein Greis mit edlen
Händen gereifte Früchte.
O Blick der Liebe!
Die Sonnenblumen
Ihr goldenen Sonnenblumen,
Innig zum Sterben geneigt,
Ihr demutsvollen Schwestern
In solcher Stille Endet
Helians Jahr
Gebirgiger Kühle.
Da erbleicht von Küssen
Die trunkne Stirn ihm
Inmitten jener goldenen
Blumen der Schwermut
Bestimmt den Geist
Die schweigende Finsternis.
So ernst o Sommerdämmerung
So ernst o Sommerdämmerung.
Von müdem Munde
Sank dein goldner Odem ins Tal
Zu den Stätten der Hirten,
Versinkt im Laub.
Ein Geier hebt am Waldsaum
Das versteinerte Haupt —
Ein Adlerblick
Erstrahlt im grauen Gewölk
Die Nacht.
Wild erglühen
Die roten Rosen am Zaun
Erglühend stirbt
In grüner Woge Liebendes hin
Eine erbliche
Leise
MELANCHOLIE
1. Fassung
Im Stoppelfeld ein schwarzer Wind gewittert.
Aufblühn der Traurigkeit Violenfarben,
Gedankenkreis, der trüb das Hirn umwittert.
Am Zaune lehnen Astern, die verstarben
Und Sonnenblumen schwärzlich und verwittert,
Gelöst in Schminken und Zyanenfarben.
Ein wunderlicher Glockenklang durchzittert
Reseden, die in schwarzem Flor verstarben
Und unsere Stirnen schattenhaft vergittert
Versinken leise in Zyanenfarben
Mit Sonnenblumen schwärzlich und verwittert
Und braunen Astern, die am Zaun verstarben.
Melancholia
MELANCHOLIE
1. Fassung
Bläuliche Schatten. O ihr dunklen Augen
Die lang mich anschaun im Vorübergleiten.
Guitarrenklänge sanft den Herbst begleiten
Im Garten aufgelöst in braunen Laugen.
Des Todes ernste Düsternis bereiten
Nymphische Hände, an Purpurbrüsten saugen
Verfallne Lippen und in braunen Laugen
Des Sonnenjünglings feuchte Locken gleiten.
Ein Stoppelfeld. Ein schwarzer Wind gewittert.
Aufblühn der Traurigkeit Violenfarben,
Gedankenkreis, der trüb das Hirn umwittert.
An Zäunen lehnen Astern, die verstarben
Und Sonnenblumen schwärzlich und verwittert;
Da schweigt die Seele grauenvoll erschüttert
Entlang an Zimmern, leer und dunkelfarben.
Verwandlung
1. Fassung
Des Herbstes Kühle: Ein Zimmer grau verhängt.
Hier zeigt sich Heiterkeit, ein tüchtig Leben
Des Menschen Hände tragen goldne Reben
In sanfte Augen Gott sich stille senkt.
Am Abend wandelt jener über Land.
Den Weg erfüllt der Eichen braunes Schweigen
Und immer sinken Blätter von den Zweigen
Die Seele friert im schwärzlichen Gewand.
Geruhiges vor einer Schenke spielt
Vom Munde ist die Bitternis gesunken
Hollunderfrüchte, Klänge, weich und trunken
Dem Einsamen folgt leise nach ein Wild.
Trübsinn
2. Fassung
In Schenken träumend oft am Nachmittag,
In Gärten früh vom Herbst verbrannt und wüst
Der trunkene Tod geht stumm vorbei und grüßt
In dunklem Käfig tönt ein Drosselschlag.
Aus solcher Bläue tritt ein rosig Kind
Und spielt mit seinen Augen schwarz und glatt.
Ein Goldnes tropft aus Zweigen mild und matt
In rotem Laubwerk aber spielt der Wind.
Schon glänzt Saturn. Im Dunkel rauscht der Bach
Und leise rührt des Freundes blaue Hand
Und glättet stille Stirne und Gewand.
Ein Licht ruft Schatten in Holländer wach.
Nähe des Todes
1. Fassung
Lange lauscht der Mönch dem sterbenden Vogel am Waldsaum
O die Nähe des Todes, die beinerne Stätte am Hügel
Der Angstschweiß der auf die wächserne Stirne tritt.
Der weiße Schatten des Bruders, der den Hohlweg herabläuft.
Der Abend ist in die dunklen Dörfer der Kindheit gegangen
Der Weiher unter den Weiden
Füllt sich mit den roten Gulden trauriger Herbste.
O die dicken Ratten im Stroh!
Der Blinde, der abends wieder am Weg steht
Die Stille grauer Wolken ist auf den Acker gesunken.
Spinnen verhangen die weißen Höhlen der Schwermut
Da aus des Einsamen knöchernen Händen
Der Purpur seiner nächtlichen Tage hinsinkt —
Leise des Bruders mondene Augen.
O schon lösen in kühleren Kissen
Vergilbt von Weihrauch sich der Liebenden schmächtige Glieder.
Im Spital
MENSCHLICHE TRAUER
1. Fassung
Die Uhr, die tief im Grünen zwölfe schlägt —
Die Fieberkranken packt ein helles Grausen.
Der Himmel glitzert und die Gärten brausen.
Ein wächsern Antlitz sich am Fenster regt.
Vielleicht, daß diese Stunde stille steht.
Vor trüben Augen bunte Bilder gaukeln
Im Takt der Schiffe, die im Strome schaukeln.
Am Gang ein Schwesternzug vorüberweht.
Und Wolken regen sich im blauen Wind,
Wie Liebende die sich im Schlaf umschlingen.
Vielleicht, daß um ein Aas dort Fliegen schwingen,
Vielleicht auch weint im Mutterschoß ein Kind.
Am Fenster welken Blumen warm und rot,
Die man dem schönen Knaben heute brachte.
Wie er die Hände hob und leise lachte.
Man betet dort. Vielleicht liegt einer tot.
Es scheint, man hört auch gräßliches Geschrei
Und sieht in schwülem Brodem Fratzen flimmern.
Klavierspiel tönt gedämpft aus hellen Zimmern.
Die Uhr im tiefen Grün schlägt plötzlich drei.
Ein schwarzer Zug schwebt wieder dort davon.
Dann hört man ferne noch Choräle klingen.
Vielleicht, daß auch im Saale Engel singen.
Im Garten flattert traumhaft weißer Mohn.
Menschliche Trauer
3. Fassung
Die Uhr, die vor der Sonne fünfe schlägt —
Einsame Menschen packt ein dunkles Grausen.
Im Abendgarten morsche Bäume sausen;
Des Toten Antlitz sich am Fenster regt.
Vielleicht daß diese Stunde stillesteht.
Vor trüben Augen nächtige Bilder gaukeln
Im Takt der Schiffe, die am Flusse schaukeln;
Am Kai ein Schwesternzug vorüberweht.
Es scheint, man hört der Fledermäuse Schrei,
Im Garten einen Sarg zusammenzimmern.
Gebeine durch verfallne Mauern schimmern
Und schwärzlich schwankt ein Irrer dort vorbei.
Ein blauer Strahl im Herbstgewölk erfriert.
Die Liebenden im Schlafe sich umschlingen,
Gelehnet an der Engel Sternenschwingert,
Des Edlen bleiche Schläfe Lorbeer ziert.
Landschaft
1. Fassung
Septemberabend, oder die dunklen Rute der Hirten,
Geruch von Thymian. Glühendes Eisen sprüht in der Schmiede
Gewaltig bäumt sich ein schwarzes Pferd; die hyazinthene Locke der Magd
Hasch
Zu gelber Mauer erstarrt der Schrei des Rebhuhns verrostet in faulender Jauche ein Pflug
Leise rinnt roter Wein, die sanfte Guitarre im Wirtshaus.
O Tod! Der kranken Seele verfallener Bogen Schweigen und Kindheit.
Aufflattern mit irren Gesichtern die Fledermäuse
Elis
1. Fassung
Vollkommen ist die Stille dieses goldenen Tags.
Unter alten Eichen
Erscheinst du, Elis, ein Ruhender mit runden Augen.
Ihre Bläue spiegelt den Schlummer der Liebenden.
An deinem Mund
Verstummten ihre rosigen Seufzer.
Am Abend zog der Fischer die leeren Netze ein.
Ein guter Hirt
Führt seine Herde am Waldsaum hin.
O wie gerecht sind, Elis, alle deine Tage.
Ein heiterer Sinn
Wohnt in der Winzer dunklem Gesang,
Der blauen Stille des Ölbaums.
Bereitet fanden im Haus die Hungernden Brot und Wein.
Hohenburg
1. Fassung
Leer und erstorben des Vaters Haus,
Dunkle Stunde
Und Erwachen im dämmernden Garten.
Immer denkst du das weiße Antlitz des Menschen,
Fern dem Getümmel der Zeit.
Über ein Träumendes neigt sich gerne grünes Gezweig;
Kreuz und Abend,
Umfängt den Tönenden mit purpurnen Armen sein Stern
Und das Läuten bläulicher Blumen<.>
Dezember
AM MOOR
1. Fassung
Der Mantel im schwarzen Wind; leise flüstert das dürre Rohr
In der Stille des Moors. Am grauen Himmel
Folgt ein Zug von wilden Vögeln —
Quere über finsteren Wassern.
Durch kahle Birken gleiten die knöchernen Hände.
Knickt der Schritt in braunes Gehölz
Wo zu sterben ein einsames Tier wohnt.
Alte Weiblein kreuzten den Weg
Ins Dorf. Spinnen fielen aus ihren Augen
Und roter Schnee. Krähen und langes Glockengeläut
Geleitet den schwarzen Pfad, Endymions Lächeln
Und mondener Schlummer
Und die metallene Stirne tastet frierend durchs Haselgebüsch
Laß in der Schenke den Abend erwarten
Wohnen in purpurner Höhle des Weins,
Von der Tapete lautlos des Trunkenen Schatten sinkt.
Stundenlang fällt härener Schnee ans Fenster
Jagt den Himmel mit schwarzen Flaggen und zerbrochenen Masten die Nacht.
Am Moor
2. Fassung
Mantel im schwarzen Wind. Leise flüstert das dürre Rohr
In der Stille des Moors; am grauen Himmel
Ein Zug von wilden Vögeln folgt;
Quere über finsteren Wassern.
Knöchern gleiten die Hände durch kahle Birken,
Knickt der Schritt in braunes Gehölz,
Wo zu sterben ein einsames Tier wohnt.
Aufruhr. In verfallener Hütte
Flattert mit schwarzen Flügeln ein gefallener Engel,
Schatten der Wolke; und der Wahnsinn des Baums;
Schrei der Elster. Altes Weiblein kreuzt den Weg
Ins Dorf. Unter schwarzem Geäst
O was bannt mit Fluch und Feuer den Schritt
Stummes Glockengeläut; Nähe des Schnees<.>
Sturm. Der dunkle Geist der Fäulnis im Moor
Und die Schwermut grasender Herden.
Schweigend jagt
Den Himmel mit zerbrochnen Masten die Nacht.
Sommer
ABEND IN LANS
1. Fassung
Sommer unter kalkgetünchten Bogen,
Vergilbtes Korn, ein Vogel der ein und aus fliegt
Abend und die dunklen Gerüche des Grüns.
Roter Mensch, aufdämmerndem Weg, wohin?
Über einsamen Hügel, vorbei am knöchernen Haus
Über die Stufen des Walds tanzt das silberne Herz.
Erinnerung
VERWANDLUNG DES BÖSEN
1. Fassung (Fragment)
Stille wohnte in nächtiger Höhle das Kind lauschend in der blauen Woge des Quells dem Geläute einer strahlenden Blume. Und es trat aus verfallener Mauer die bleiche Gestalt der Mutter und sie trug in schlummernden Händen das Schmerzgeborne nachtwandelnd im Garten. Und es waren die Sterne Tropfen Blutes schimmernd im kahlen Geäst des alten Baumes und sie fielen in der Nächtigen härenes Haar, und es hob die purpurnen Lider leise der Knabe, seufzend die silberne Stirne im Nachtwind.
Wachend im Abendgarten im stillen Schatten des Vaters, o wie ängstigt dies strahlende Haupt duldend in blauer Kühle und das Schweigen in herbstlichen Zimmern. Ein goldener Kahn sank die Sonne am einsamen Hügel und es verstummen zu Häupten die ernsten Wipfel. Stille begegnet in feuchter Bläue das schlummernde Antlitz der Schwester, vergraben in ihr scharlachfarbenes Haar. Schwärzlich folgte jenem die Nacht.
Was zwingt so still zu stehen auf verfallener Wendeltreppe im Haus der Väter und es erlöscht in schmächtigen Händen der flackernde Leuchter. Stunde einsamer Finsternis, stummes Erwachen im Hausflur im fahlen Gespinst des Mondes. O das Lächeln des Bösen traurig und kalt, daß der Schläferin rosige Wange erbleicht. In Schauern verhüllte ein schwarzes Linnen das Fenster. Und es sprang eine Flamme aus jenes Herzen und sie brannte silbern im Dunkel, ein singender Stern <.> Schweigend versanken der Kindheit kristallene Pfade im Garten
Im Winter
EIN WINTERABEND
1. Fassung
Wenn der Schnee ans Fenster fällt,
Lang die Abendglocke läutet,
Vielen ist der Tisch bereitet
Und das Haus ist wohlbestellt.
Mancher auf der Wanderschaft
Kommt ans Tor auf dunklen Pfaden.
Seine Wunde voller Gnaden
Pflegt der Liebe sanfte Kraft.
O! des Menschen bloße Pein.
Der mit Engeln stumm gerungen,
Langt von heiligem Schmerz bezwungen
Still nach Gottes Brot und Wein.
Herbstseele
1. Fassung
Tief in Grünes die Sense mäht
Blaue Luft, vergilbte Garben.
Stimmen flogen auf, verstarben
Nur ein altes Wasser geht.
Abends geht die dunkle Fahrt
Über braune Herbsteshügel
Silbern grüßt ein Weiherspiegel
Schreit der Habicht hell und hart.
Abendspiegel
AFRA
1. Fassung
Ein Kind mit braunem Haar. Schwärzliche Flammen
Verscheucht ein Schritt in feuchter Abendkühle
In dunkelgoldner Sonnenblumen Rahmen;
Ein weiches Tier versinkt auf rotem Pfühle.
Ein Schatten gleitet beinern übern Spiegel
Und leise taucht aus blauer Astern Schweigen
Ein roter Mund, ein rätselvolles Siegel,
Und schwarze Augen strahlen aus den Zweigen
Des Ahorns, dessen tolle Röte blendet.
Die Mauer hat ein sanfter Leib verlassen,
Ein blauer Glanz, der in der Dämmerung endet.
Der Wind klirrt leise in den leeren Gassen.
Am offenen Fenster welken still die Stunden
Des Liebenden. Der Wolken kühne Fahrten
Sind mit dem Pfad des Einsamen verbunden.
Ein Blick sinkt silbern in den braunen Garten.
Die Hände rührt des Wassers düstre Regung.
Ein frommer Geist reift ins Kristallne, Klare.
Unsäglich ist der Vögel Flug, Begegnung
Mit Sterbenden; dem folgen dunkle Jahre.
Untergang
1. Fassung
Am Abend, wenn wir durch goldene Sommer nach Hause gehn
Sind die Schatten froher Heiliger mit uns.
Sanfter grünen die Reben rings, vergilbt das Korn
O mein Bruder, welche Ruh ist in der Welt.
Umschlungen tauchen wir in blaue Wasser,
Die dunkle Grotte männlicher Schwermut
Auf dürren Pfaden kreuzen die Wege Verwester sich,
Wir aber ruhn Beseligte im Sonnenuntergang.
Friede <?>, wo die Farben des Herbstes leuchten
Zu Häupten rauscht der Nußbaum unsre alten Vergangenheiten
2. Fassung
Wenn wir durch goldene Sommer nach Hause gehn
Sind die Schatten froher Heiliger um uns.
Sanfter grünen die Reben rings, vergilbt das Korn
O mein Bruder, welche Stille ist in der Welt
Zu Häupten rauscht der Ahorn unsere alten Vergangenheiten
Weht uns die Kühle blauer Wasser an,
Die dunklen Spiegel männlicher Schwermut
O mein Bruder, reift die Süße des Abends heran
Leise tönen die Lüfte am einsamen Hügel
Starb vor Zeiten
Dädalus<’> Geist in rosigen Seufzern hin
O mein Bruder, verwandelt sich dunkel die Landschaft der Seele
3. Fassung
Wenn wir durch unserer Sommer purpurnes Dunkel gehn
Treten die Schatten trauriger Mönche vor uns.
Schmächtiger glühen die Reben rings, vergilbt das Korn
O mein Bruder, welche Stille ist in der Welt.
Zu Häupten rauscht die Eiche unsre alten Vergangenheiten
Weht uns das Antlitz steinerner Wasser an,
Die runde Grotte männlicher Schwermut,
O mein Bruder reifen schwarze Rosenkranznächte herein.
Vergangener tönen die Lüfte am einsamen Hügel,
Eines Liebenden trunkenes Saitenspiel.
Unter Dornenbogen
O mein Bruder steigen wir blinde Zeiger gen Mitternacht
Am Hügel
GEISTLICHE DÄMMERUNG
1. Fassung
Still vergeht am Saum des Waldes
Ein dunkles Wild
Am Hügel endet leise der Abendwind,
Bälde verstummt die Klage der Amsel
Und die Flöten des Herbstes
Schweigen im Rohr.
Mit silbernen Dornen
Schlägt uns der Frost,
Sterbende <> wir <> über Gräber geneigt
Oben löst sich blaues Gewölk;
Aus schwarzem Verfall Treten
Gottes strahlende Engel
Wanderers Schlaf
DER WANDERER
1. Fassung
Immer lehnt am Felsen die weiße Nacht
Wo in Silbertönen die Föhre ragt
Stein und Sterne sind.
Über den Gießbach wölbt sich der knöcherne Steg
Folgt dem Schläfer die dunkle Gestalt der Kühle,
Sichelmond in rosiger Schlucht.
Ferne schlummernden Hirten. In altem Gestein
Schaut aus kristallenen Augen die Kröte
Erwacht der blühende Wind, die Silberstimme
Des Totengleichen
Leise sagend die vergessene Legende des Walds
Das weiße Antlitz des Engels
Leise umschmeichelt sein Knie der <...> Schaum des Wassers
Rosige Knospe
Des Singenden trauriger Vogelmund.
Ein schöner Glanz erwacht auf seiner Stirne
Stein und Stern
Darin der weiße Fremdling ehdem gewohnt.
Passion
1. Fassung
Wenn silbern Orpheus die Laute rührt,
Beklagend ein Totes im Abendgarten —
Wer bist du Ruhendes unter hohen Bäumen?
Es rauscht die Klage das herbstliche Rohr,
Der blaue Teich.
Weh, der schmalen Gestalt des Knaben,
Die purpurn erglüht,
Schmerzlicher Mutter, in blauem Mantel
Verhüllend ihre heilige Schmach.
Weh, des Geborenen, daß er stürbe,
Eh er die glühende Frucht,
Die bittere der Schuld genossen.
Wen weinst du unter dämmernden Bäumen?
Die Schwester, dunkle Liebe
Eines wilden Geschlechts,
Dem auf goldenen Rädern der Tag davonrauscht.
O, daß frömmer die Nacht käme,
Kristus.
Was schweigst du unter schwarzen Bäumen?
Den Sternenfrost des Winters,
Gottes Geburt
Und die Hirten an der Krippe von Stroh.
Blaue Monde
Versanken die Augen des Blinden, in härener Höhle.
Ein Leichnam suchest du unter grünenden Bäumen
Deine Braut,
Die silberne Rose
Schwebend über dem nächtlichen Hügel.
Wandelnd an den schwarzen Ufern
Des Todes,
Purpurn erblüht im Herzen die Höllenblume.
Über seufzende Wasser geneigt
Sieh dein Gemahl: Antlitz starrend von Aussatz
Und ihr Haar flattert wild in der Nacht.
Zwei Wölfe im finsteren Wald
Mischten wir unser Blut in steinerner Umarmung
Und die Sterne unseres Geschlechts fielen auf uns.
O, der Stachel des Todes.
Verblichene schauen wir uns am Kreuzweg
Und in silbernen Augen
Spiegeln sich die schwarzen Schatten unserer Wildnis,
Gräßliches Lachen, das unsere Münder zerbrach.
Dornige Stufen sinken ins Dunkel,
Daß röter von kühlen Füßen
Das Blut hinströme auf den steinigen Acker.
Auf purpurner Flut
Schaukelt wachend die silberne Schläferin.
Jener aber ward ein schneeiger Baum
Am Beinerhügel,
Ein Wild äugend aus eiternder Wunde,
Wieder ein schweigender Stein.
O, die sanfte Sternenstuiide
Dieser kristallnen Ruh,
Da in dorniger Kammer
Das aussätzige Antlitz von dir fiel.
Nächtlich tönt der Seele einsames Saitenspiel
Dunkler Verzückung
Voll zu den silbernen Füßen der Büßerin
Im verlorenen Garten;
Und an dorniger Hecke knospet der blaue Frühling.
Unter dunklen Olivenbäumen
Tritt der rosige Engel
Des Morgens aus dem Grab der Liebenden.
Vorhölle
1. Fassung der 1. Strophe
Am Saum des Waldes — es wohnen dort die Schatten der Toten —
Am Hügel sinkt ein goldener Kahn, der Wolken blaue Ruh
Weidend in der braunen Stille der Eichen. Härene Angst
Odmet das Herz, Kelch überfließend von purpurner Abendröte,
Dunkle Schwermut. Den Lauscher im Laub, ein Geistliches
Geleitet der Schritt den verfallenen Pfad hinab.
Nachweht Kühle aus klagendem Mund, als folgte ein schmächtiger Leichnam.
Abendland
1. Fassung (a)
Verfallene Weiler versanken
Im braunen November,
Die dunklen Pfade der Dörfler
Unter verkrüppelten
Apfelbäumchen, die Klage
Der Frauen im silbernen Flor.
Hinstirbt der Väter Geschlecht.
Es ist von Seufzern
Erfüllt der Abendwind
Dem Geist der Wälder.
Stille führet der Steg
Zu wolkigen Rosen
Ein frommes Wild am Hügel
Und es tönen
Die blauen Quellen im Dunkel
Daß ein Sanftes
Ein Kind geboren werde.
Leise verließ am Kreuzweg
Der Schatten den Fremdling
Und steinern erblinden
Dem die schauenden Augen,
Daß von der Lippe
Süßer fließe das Lied.
Denn es ist die Nacht
Die Wohnung des Liebenden,
Ist sprachlos das blaue Antlitz
Über ein Totes
Die Schläfe aufgetan;
Kristallner Anblick.
Dem folgt auf dunklen Pfaden
An Mauern hin
Ein Abgestorbenes nach.
Wanderschaft
ABENDLAND
1. Fassung (b)
So leise sind die grünen Wälder
Unserer Heimat
Die Sonne sinkt am Hügel
Und wir haben im Schlaf geweint;
Wandern wir mit weißen Schritten
An der dornigen Hecke hin
Singende im Ährensommer
Und Schmerzgeborne.
Schon reift dem Menschen das Korn
Und die heilige Rebe
Und in steinernem Zimmer,
Im kühlen ist bereitet das Mahl.
Auch ist dem Guten
Das Herz versöhnt in grüner Stille
Und Kühle hoher Bäume
Speise teilt er mit sanften Händen aus.
Vieles ist ein Wachendes
In der sternigen Nacht
Und schön die Bläue,
Schreitend ein Bleiches, Odmendes,
Ein Saitenspiel.
Gelehnt an den Hügel der Bruder
Und Fremdling,
Der menschenverlassene, ihm sanken
Die feuchten Lider
In unsäglicher Schwermut.
Aus schwärzlicher Wolke
Träufelt bitterer Mohn.
Mondesweiß schweiget der Pfad
An jenen Pappeln hin
Und balde
Endet des Menschen Wanderschaft,
Gerechte Duldung.
Auch freuet die Stille der Kinder,
Die Nähe der Engel
Auf kristallener Wiese.
Abendland
1. Fassung
ELSE LASKER-SCHÜLER IN VEREHRUNG
1
Verfallene Weiler versanken
Im braunen November,
Die dunklen Pfade der Dörfler
Unter verkrüppelten
Apfelbäumchen, die Klagen
Der Frauen im silbernen Flor.
Hinstirbt der Väter Geschlecht.
Es ist von Seufzern
Erfüllt der Abendwind,
Dem Geist der Wälder.
Stille führt der Steg
Zu wolkigen Rosen
Ein frommes Wild am Hügel;
Und es tönen
Die blauen Quellen im Dunkel,
Daß ein Sanftes,
Ein Kind geboren werde.
Leise verließ am Kreuzweg
Der Schatten den Fremdling
Und steinern erblinden
Dem die schauenden Augen,
Daß von der Lippe
Süßer fließe das Lied;
Denn es ist die Nacht
Die Wohnung des Liebenden,
Ist sprachlos das blaue Antlitz,
Über ein Totes
Die Schläfe aufgetan;
Kristallener Anblick;
Dem folgt auf dunklen Pfaden
An Mauern hin
Ein Abgestorbenes nach.
2
Wenn es Nacht geworden ist
Erscheinen unsre Sterne am Himmel
Unter alten Olivenbäumen,
Oder an dunklen Zypressen hin
Wandern wir weiße Wege;
Schwerttragender Engel:
Mein Bruder.
Es schweigt der versteinerte Mund
Das dunkle Lied der Schmerzen.
Wieder begegnet ein Totes
Im weißen Linnen
Und es fallen der Blüten
Viele über den Felsenpfad.
Silbern weinet ein Krankes,
Aussätziges am Weiher,
Wo vor Zeiten
Froh im Nachmittag Liebende geruht.
Oder es läuten die Schritte
Elis’ durch den Hain,
Den hyazinthenen,
Wieder verhallend unter Eichen.
O des Knaben Gestalt
Geformt aus kristallenen Tränen
Und nächtigen Schatten.
Anders ahnt die Stirne Vollkommenes,
Die kühle, kindliche,
Wenn über grünendem Hügel
Frühlingsgewitter ertönt.
3
So leise sind die grünen Wälder
Unserer Heimat,
Die Sonne sinkt am Hügel
Und wir haben im Schlaf geweint;
Wandern mit weißen Schritten
An der dornigen Hecke hin
Singende im Ährensommer
Und Schmerzgeborene.
Schon reift dem Menschen das Korn,
Die heilige Rebe.
Und in steinernem Zimmer,
Im kühlen, ist bereitet das Mahl.
Auch ist dem Guten
Das Herz versöhnt in grüner Stille
Und Kühle hoher Bäume.
Speise teilt er mit sanften Händen aus.
Vieles ist ein Wachendes
In der sternigen Nacht
Und schön die Bläue,
Schreitend ein Bleiches, Odmendes,
Ein Saitenspiel.
Gelehnt an den Hügel der Bruder
Und Fremdling,
Der menschenverlassene, ihm sanken
Die feuchten Lider
In unsäglicher Schwermut.
Aus schwärzlicher Wolke
Träufelt bitterer Mohn.
Mondesweiß schweigt der Pfad
An jenen Pappeln hin
Und balde
Endet des Menschen Wanderschaft,
Gerechte Duldung.
Auch freut die Stille der Kinder
Die Nähe der Engel
Auf kristallener Wiese.
4
Ein Knabe mit zerbrochener Brust
Hinstirbt Gesang in der Nacht.
Laß nur stille am Hügel gehn
Unter den Bäumen
Gefolgt vom Schatten des Wilds.
Süß duften die Veilchen im Wiesengrund.
Oder laß treten ins steinerne Haus,
Im gramvollen Schatten der Mutter
Neigen das Haupt.
In feuchter Bläue leuchtet das Lämpchen
Die Nacht lang;
Denn es ruht der Schmerz nicht mehr;
Auch sind die weißen Gestalten
Der Odmenden, die Freunde ferne gegangen;
Gewaltig schweigen die Mauern rings.
5
Wenn es auf der Straße dunkelt
Und es begegnet in blauem Linnen
Ein lange Abgeschiedenes,
O, wie schwanken die tönenden Schritte
Und es schweigt das grünende Haupt.
Groß sind Städte aufgebaut
Und steinern in der Ebene;
Aber es folgt der Heimatlose
Mit offener Stirne dem Wind,
Den Bäumen am Hügel;
Auch ängstet öfter die Abendröte.
Balde rauschen die Wasser
Laut in der Nacht,
Rührt die kristallenen Wangen
Eines Mädchens der Engel,
Ihr blondes Haar,
Beschwert von der Schwester Tränen.
Dieses ist oft Liebe: es rührt
Ein blühender Dornenbusch
Die kalten Finger des Fremdlings
Im Vorübergehn;
Und es schwinden die Hütten der Dörfler
In der blauen Nacht.
In kindlicher Stille,
Im Korn, wo sprachlos ein Kreuz ragt,
Erscheint dem Schauenden
Seufzend sein Schatten und Hingang.
An Mauern hin
IM DUNKEL
1. Fassung
Nimmer das goldene Antlitz des Frühlings;
Dunkles Lachen im Haselgebüsch. Abendspaziergang im Wald
Und der inbrünstige Schrei der Amsel.
Taglang rauscht in der Seele des Fremdlings das glühende Grün.
Metallne Minute: Mittag, Verzweiflung des Sommers;
Die Schatten der Buchen und das gelbliche Korn.
Taufe in keuschen Wassern. O der purpurne Mensch.
Ihm aber gleichen Wald, Weiher und weißes Wild.
Kreuz und Kirche im Dorf. In dunklem Gespräch
Erkannten sich Mann und Weib
Und an kahler Mauer wandelt mit seinen Gestirnen der Einsame<.>
Leise über den mondbeglänzten Weg des Walds
Sank die Wildnis vergessener Jagden.
Blick der Bläue aus verfallenen Felsen bricht.
Der Schlaf
1. Fassung
Getrost ihr dunklen Gifte
Erzeugend weißen Schlaf
Einen höchst seltsamen Garten
Dämmernder Bäume
Erfüllt von Schlangen, Nachtfaltern,
Fledermäusen;
Fremdling dein jammervoller Schatten
Schwankt, bittere Trübsal
Im Abendrot!
Uralt einsame Wasser
Versanken im Sand.
Weiße Hirsche am Nachtsaum
Sterne vielleicht <>!
Gehüllt in Spinnenschleier
Schimmert toter Auswurf.
Eisernes Anschaun.
Dornen umschweben
Den blauen Pfad ins Dorf,
Ein purpurnes Lachen
Den Lauscher in leerer Schenke.
Über die Diele
Tanzt mondesweiß
Des Bösen gewaltiger Schatten.
An
DIE HEIMKEHR
1. Fassung
HERBSTLICHE HEIMKEHR
1. Fassung (a)
Die Kühle dunkler Jahre, Schmerz und Hoffnung
Bewahrt dies braune Gebälk
Darüber flammend Georginen hangen.
Als sänke ein goldner Helm von blutender Stirne
Stille endet der Tag,
Schaut Kindheit sanft aus schwärzlichen Augen an.
Leise verstrahlen im Abend die roten Buchen,
Liebe, Hoffnung, daß von blauen Lidern
Tau tropft unaufhaltsam.
Einsame Heimkehr! Die dunklen Rufe der Fischer
Tönen immer am dämmernden Fluß;
Liebe, Nacht, der Schwermut kristallene Minuten
Hinüberschimmernd, Sterne, schon stilleres Anschaun
Im Schnee
NACHTERGEBUNG
1. Fassung
Der Wahrheit nachsinnen —
Viel Schmerz!
Endlich Begeisterung
Bis zum Tod.
Winternacht
Du reine Mönchin!
Anblick
NACHTERGEBUNG
2. Fassung
Da so rot der Herbst und leise
Unter Ulmen dunkle Qual
Dämmernd Dorf und Liebesmahl
Falke winkt auf goldner Reise.
Stirne blutet sanft und dunkel
Sonnenblume welkt am Zaun
Schwermut blaut im Schoß der Fraun;
Gottes Wort im Sterngefunkel!
Purpurn flackert Mund und Lüge.
In verfallnem Zimmer kühl,
Scheint nur Lachen, golden Spiel,
Daß ein Sturm dies Haupt zerschlüge
Nachts mit Blitzen; schwärzlich fallen
Faule Früchte nachts vom Baum.
Kind an deinem blauen Saum
Muß ich stumm vorüberwallen.
An die Nacht
NACHTERGEBUNG
3. Fassung
Mönchin schließ mich in dein Dunkel,
Kreuz im kühlen Stern gefunkel.
Purpurn brachen Mund und Lüge
Einer Glocke letzte Züge.
Nacht dein lüstern Wolkendunkel
Rote Frucht, verfluchte Lüge
Einer Glocke letzte Züge —
Blutend Kreuz im Sterngefunkel.
NACHTERGEBUNG
4. Fassung
Nymphe zieh mich in dein Dunkel;
Aster friert und schwankt am Zaun,
Schwermut blüht im Schoß der Fraun,
Blutend Kreuz im Sterngefunkel.
Purpurn brachen Mund und Lüge
In verfallner Kammer kühl;
Scheint noch Lachen, golden Spiel;
Einer Glocke letzte Züge.
Blaue Wolke! Schwärzlich fallen
Faule Früchte dumpf vom Baum
Und zum Grabe wird der Raum
Und zum Traum trüb’ Erdenwallen.
Lange lauscht der Mönch
Lange lauscht der Mönch dem sterbenden Vogel am Waldsaum
O die Nähe des Todes, verfallender Kreuze am Hügel
Der Angstschweiß der auf die wächserne Stirne tritt.
O das Wohnen in blauen Höhlen der Schwermut.
O blutbefleckte Erscheinung, die den Hohlweg herabsteigt
Daß der Besessene leblos in die silbernen Kniee bricht.
Mit Schnee und Aussatz füllt sich die kranke Seele
Da sie am Abend dem Wahnsinn der Nymphe lauscht,
Den dunklen Flöten des <...> im dürren Rohr;
Finster ihr Bild im Sternenweiher beschaut;
Stille verwest die Magd im Dornenbusch
Und die verödeten Pfade und leeren Dörfer
Bedecken sich mit gelbem Gras.
Über verschüttete Stiegen hinab — <> purpurner <> Abgrund.
Wo an schwarzen Mauern Besessene stehn
Steigt der bleiche Wanderer im Herbst hinab
Wo vordem ein Baum war, ein blaues Wild im Busch
Offnen sich, zu lauschen, die weichen Augen
Helians.
Wo in finsteren Zimmern einst die Liebenden schliefen
Spielt der Blinde mit silbernen Schlangen,
Der herbstlichen Wehmut des Mondes.
Grau verdorren im braunen Gewand die Glieder
Ein steinerner Bogen
Der sich im Spiegel faulender Wasser verzückt.
Knöcherne Maske, die einst Gesang war.
Wie schweigsam die Stätte.
Ein verpestetes Antlitz, das zu den Schatten sinkt,
Ein Dornenbusch der den roten Mantel des Büßenden sucht;
Leise folgt der magische Finger des Blinden
Seinen erloschenen Sternen
Ein weißes Geschöpf ist der einsame Mensch
Das staunend Arme und Beine bewegt,
Purpurne Höhlen darin verblichene Augen rollen.
Über verschüttete Stiegen hinab wo Böse stehn
Ein Klang von herbstlichen Zymbeln verklingt
Öffnet sich wieder ein weißer <> Abgrund.
Durch schwarze Stirne geht schief die tote Stadt
Der trübe Fluß darüber Möven flattern
Dachrinnen kreuzen sich an vergangenen Mauern
Ein roter Turm und Dohlen. Darüber
Wintergewölk, das aufsteigt.
Jene singen den Untergang der finsteren Stadt;
Traurige Kindheit, die nachmittags im Haselgebüsch spielt,
Abends unter braunen Kastanien blauer Musik lauscht,
Der Brunnen erfüllt von goldenen Fischen.
Über das Antlitz des Schläfers neigt sich der greise Vater
Des Guten bärtiges Antlitz, das ferne gegangen
Ins Dunkel
O Fröhlichkeit wieder, ein weißes Kind
Hingleitend an erloschenen Fenstern.
Wo vordem ein Baum war, ein blaues Wild im Busch
Öffnen sich zu sterben die weichen Augen
Helians.
Wo an Mauern die Schatten der Ahnen stehn,
Vordem ein einsamer Baum war, ein blaues Wild im Busch
Steigt der weiße Mensch auf goldenen Stiegen,
Helian ins seufzende Dunkel hinab.
Finsterer blutet ein braunes Wild
Finster blutet ein braunes Wild im Busch;
Einsam der Blinde, der über verfallene Stufen herabsteigt.
Im Zimmer die dunklen Flöten des Wahnsinns.
Mit Schnee und Aussatz füllt sich die kranke Seele,
Da sie am Abend ihr Bild im rosigen Weiher beschaut.
Verfallene Lider öffnen sich weinend im Haselgebüsch.
O der Blinde,
Der schweigend über verfallene Stufen hinabsteigt im Dunkel.
Im Dunkel sinken Helians Augen.
Sommer
Sommer. In Sonnenblumen gelb klapperte morsches Gebein,
Sank zu jungen Mönchen der Abend des verfallenen Gartens hinab
Duft und Schwermut des alten Hollunders,
Da aus Sebastians Schatten die verstorbene Schwester trat,
Purpurn des Schlafenden Mund zerbrach.
Und die Silberstimme des Engels
Spielende Knaben am Hügel. O wie leise die Zeit,
Des Septembers und jener, da er in schwarzem Kahn
Am Sternenweiher vorbeizog, am dürren Rohr.
In wilder Vögel Flug und Schrei.
Ferne ging in Schatten und Stille des Herbstes
Ein Haupt,
Stieg der Schatten des Schläfer(s) verfallene Stufen hinab.
Ferne saß die Mutter im Schatten des Herbstes
Ein weißes Haupt. Über verfallene Stufen
Stieg im Garten der dunkle Schläfer hinab.
Klage der Drossel.
O die härene Stadt; Stern und rosig Erwachen.
Ferne ging im braunen Schatten des Herbstes
Der weiße Schläfer.
Über verfallenen Stufen glänzte ein Mond sein Herz,
Klangen leise ihm blaue Blumen nach,
Leise ein Stern.
Oder wenn er ein sanfter Novize
Abends in Sankt Ursulas dämmernde Kirche trat,
Eine silberne Blume sein Antlitz barg in Locken
Und in Schauern ihn der blaue Mantel des Vaters umfing
Die dunkle Kühle der Mutter
Oder wenn er ein sanfter Novize
Abends in Sankt Ursulas dämmernde Kirche trat,
Eine silberne Stimme <> das Antlitz barg in härenen Locken,
Und in Schauern ihn die
Fragmente
Fragment 1
KINDHEIT
Was leise gehet unter Herbstesbäumen
Am grünen Fluß, darüber Möven gleiten —
Es fällt das Laub; Einfalt dunkeler Zeiten.
’s ist Gottes Ruh. Die Abendschatten säumen
Ein schwarzer Vogel singt in Herbstesbäumen.
Ein Händefalten müde und einträchtig
Am Abend folgen ihren Vogelzeichen
Die Augen, ehe sie dem Schlummer weichen —
Erinnerung des Knaben sanft und schmächtig.
Ein schwarzer Vogel singt in Herbstesbäumen
Den Frieden dieser Tage süß und mächtig
Auch will die Seele stille sich bereiten.
Fragment 2
Ein Kreuz ragt Elis
Dein Leib auf dämmernden Pfaden
Fragment 3
GEBURT
Gang mit dem Vater, Gang mit der Mutter
Fragment 4
IM FRÜHLING
Abend ist im alten Garten geworden.
Fragment 5
NACHTWANDLUNG, TOD UND SEELE
Da ich hinsank am schwarzen Hügel des Schlafs müde der Wildnis und Verzweiflung finsterer Wintertage, kam auf glühendem Flügel (?) ein Traum zu mir:
Fragment 6
Da der Tag dahinsank fuhr K
Fragment 7
Es kehret der Heimatlose
Zurück zu moosigen Wäldern
Fragment 8
Gegen Abend erwachte Münch am Saum des Waldes. Eine goldene Wolke erlosch über ihm und die dunkle Stille des Herbstes erfüllte ihn mit Angst, die Einsamkeit der Hügel rings.
Fragment 9
Im Frühling; ein zarter Leichnam
Erstrahlend in seinem Grab
Unter den wilden
Hollunderbüschen der Kindheit.
Fragment 10
Nächtliche Buchen; es wohnt im Herzen
Dunkler Landschaft ein roter Wurm.
Fragment 11
Schneeige Nacht!
Ihr dunklen Schläfer
Unter der Brücke
Von zerbrochener Stirne
Tropft kristallner Schweiß euch